MARILLION - 40 Jahre „Script For A Jester’s Tear“

14. November 2023

Marillion Neoprog

MARILLION - 40 Jahre „Script For A Jester’s Tear“

„Script For A Jester’s Tear“ war 1983 immens wichtig für die Wiederbelebung des damals tot geglaubten Prog-Genres und gilt heute als Meilenstein des Neoprog. In den Jahren zuvor hatten auch Twelfth Night aus Reading, Pendragon aus Stroud, Pallas aus dem schottischen Aberdeen und IQ aus Southampton versucht, den Prog zu revitalisieren. Aber erst Marillion aus Aylesbury gaben der aufkommenden Bewegung ein Gesicht und einen Ankerpunkt.

Wir wussten genau, warum uns der Großteil der Presse für uncool und für ein Genesis-Plagiat hielt“, sinniert der ehemalige Marillion-Frontmann Fish über die Reaktionen, die seine Band 1982 mit der Single „Market Square Heroes“ hervorrief, deren Maxi-Version den nach „Supper’s Ready“ klingenden Longtrack „Grendel“ enthielt. „Durch ausverkaufte Konzerte im Marquee Club und beim Reading Festival waren wir aber längst so von uns überzeugt, dass wir selbstbewusst unseren Weg weitergingen.“ Nachdem Marillion schon den britischen Rock-Underground auf ihrer Seite hatten, hörten viele der sich für cool und hip haltenden Rock-Journalisten und Plattenfirmen-Vertreter die Band nur oberflächlich an. Doch genau das war es, was Marillion nach den Jahren des „Vordergründigen“ im Punk, New Wave und der New Wave of British Heavy Metal nicht waren. „Mit ‚Grendel‘ hatte ich mir als Liebhaber der Genesis-Ära mit Steve Hackett eine musikalische Liebeserklärung an diese Band geleistet. Aber wir hatten schon von Anfang an viel mehr zu bieten. New Wave und Hardrock, aber auch Peter Hammill waren uns nah. Wir sogen alles auf, und es mündete in unsere ersten Songs und erklang auf ,Script For A Jester’s Tear‘ mit noch mehr Power“, beschreibt Gitarrist Steve Rothery die Anfangsphase des Fünfers aus Aylesbury, das knapp 80 Kilometer von London entfernt ist. 

Big Bang mit „Big Pointer“ 

1978 gründete der Schlagzeuger Mick Pointer die Band Silmarillion. Ein Jahr später - nach diversen Line-up-Wechseln und jetzt in der Besetzung Pointer, Brian Jelliman (keys), Doug Irvine (voc, b) und Steve Rothery (guit) – verkürzten die Musiker ihren Namen auf Marillion. „Wichtiger als der Name war, dass wir damals noch nicht unseren Sound gefunden hatten, obwohl Brian und ich schon einige gute Songs geschrieben hatten“, erinnert sich Rothery heute. 1981 kamen dann der Schotte Derek William Dick alias Fish und Bassist Diz Minnitt in die Band. Kurz zuvor waren die ersten Demos entstanden, auf denen bereits Instrumentalpassagen von späteren Songs wie „He Knows You Know“, „The Web“ oder „Garden Party“ heraushörbar waren. „Es war ein Findungsprozess, und erst mit Fish und Diz kam zum Vorschein, was in dieser Band steckte. Aber schon damals gab es Eifersüchteleien in der Truppe: Mick war der Meinung, dass es seine Band war, was irgendwo auch stimmte, aber Fish stolzierte bei uns herein und gab dem Ganzen das gewisse Extra.“ Diese Situation sollte sich nach den Aufnahmen von „Script“ weiter zuspitzen.

1982 wurden Marillion in der populären Radiosendung „Friday Rock Show“ vorgestellt, wobei sie drei Songs zum Besten gaben: frühe Versionen von „The Web“, „Three Boats Down From The Candy“, das später auf der ersten Single landen sollte, und „Forgotten Sons“. „Das war für uns ein nächster wichtiger Schritt“, ordnet Fish das Ganze ein. Kurz darauf wurden Marillion von EMI Records unter Vertrag genommen. Mit „Market Square Heroes“ erschien im Oktober 1982 die erste Single bzw. Maxi. „Wir strotzten vor Selbstbewusstsein, und gleichzeitig verloren wir wichtige Musiker. So verließ uns noch vor der ,Friday Rock Show‘ unser Keyboarder Brian Jelliman, aber wir konnten mit Mark Kelly zum Glück einen guten Ersatz finden. Damals ging alles rasend schnell, aber es schien immer aufwärts zu gehen“, gewinnt Rothery dieser Übergangszeit durchaus Positives ab. 1982 kam es außerdem zu einem weiteren Wechsel auf der Bassisten-Position: Anstelle von Diz Minnitt war nun Pete Trewavas für das Tiefton-Fundament zuständig. 

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