Drei Jahre nach dem sehr persönlich gefärbten „In The Passing Light Of Day“ legen Pain of Salvation erneut ein modernes Konzeptalbum mit Tiefgang vor. Auf „Panther“ entwickelt Bandleader Daniel Gildenlöw eine einzigartige, faszinierende musikalische und lyrische Welt, wobei er wie immer auch soziale Erosionszonen seziert.
„Daniel möchte diesmal gern längere Interviews geben“, heißt es von der zuständigen PR-Agentur. Eine Aussage zum Schmunzeln, wenn man bedenkt, dass der Sänger und Gitarrist generell zu ausufernden, gleichzeitig aber hochintelligenten und sogar bisweilen überaus geschliffenen Monologen neigt. Überziehungen der Interviewzeiten mussten daher ohnehin stets eingeplant werden. Am Ende vergehen knapp anderthalb Stunden bei einem Gespräch, das den Bogen von musikalischen über persönliche bis hin zu gesellschaftlich bedeutsamen Themen spannt.
eclipsed: Bevor wir auf die Entstehung und den Inhalt von „Panther“ zu sprechen kommen, eine Frage zu deiner Gesundheit: Anfang 2014 bist du an einer Streptokokken-Infektion erkrankt und musstest mehrere Monate im Krankenhaus verbringen. Was zunächst nur eine kleine Entzündung war, wurde recht schnell zu einer lebensbedrohlichen Situation. Du hattest ein Loch im unteren Rückenbereich, sodass die Wirbelsäule zu sehen war. Die Erfahrungen aus dieser Zeit hast du auch auf dem letzten Album „In The Passing Light Of Day“ (2017) verarbeitet. Wie geht es dir heute?
Daniel Gildenlöw: Grundsätzlich bin ich mit der Situation sehr zufrieden. Doch es gibt da immer noch diese Stelle am Rücken, die wohl dauerhaft taub bleiben wird. Auf einer der letzten Tourneen gab es deswegen mal einen Vorfall, da sich der Gitarrengurt mit dem Funksender permanent an dieser Stelle rieb, ich dies aber nicht bemerkte, bis unter der Dusche plötzlich Blut floss. Im Hinblick auf die Fitness bin ich aber sehr zufrieden. Ich könnte meinem 20-jährigen Ich locker den Arsch versohlen. (lacht)
eclipsed: Gesundheit ist dieser Tage ohnehin ein großes Thema: Wie hat euch die Corona-Pandemie beeinflusst?
Gildenlöw: Die Band hat sie kaum beeinflusst, denn wir standen bei Ausbruch der Pandemie bereits in den letzten Zügen mit den Aufnahmen. Es hat natürlich auch schon Tourpläne gegeben, aber die bezogen sich ohnehin auf den Herbst, sodass wir genügend Spielraum hatten, um abzusagen, umzudenken und neu zu planen. Der Abmischungsprozess war allerdings sehr gewöhnungsbedürftig, da ich natürlich nicht zu Daniel Bergstrand ins Studio nach Stockholm fahren konnte und wir uns die Aufnahmen stattdessen immer übers Internet zuschicken und ständig telefonieren mussten. Das war dann kein intuitiver Prozess mehr und wurde ganz schön nervig.
eclipsed: Nach dem letzten Album ist für Gitarrist Ragnar Zolberg Johan Hallgren zurückgekehrt, nun ist Bassist Gustaf Hielm ausgestiegen.
Gildenlöw: Der Ausstieg von Ragnar hätte mich in der Vergangenheit, sagen wir vor 10 oder 20 Jahren, wahrscheinlich an der Zukunft der Band zweifeln lassen. Das habe ich oft erlebt, wenn Mitglieder die Band verließen oder die Dinge sich nicht zum Guten entwickelten. Aber ich habe einfach immer weiter Musik geschrieben. Der Ausstieg von Gustaf hatte übrigens rein persönliche Gründe: Nachdem er jahrelang mit einem Vollzeittagesjob, der Band, seiner Familie und einer Karriere als Sessionmusiker jongliert hatte, kam er im letzten Herbst der totalen Erschöpfung beängstigend nahe und musste auf die Bremse treten. Wir haben vollstes Verständnis für seine Entscheidung.
eclipsed: Eure Kompositionen entstehen vermutlich ohnehin nicht mehr so wie früher?
Gildenlöw: Die Zeiten, in denen man ewig im Proberaum tüftelte, um dann ein Demo aufzunehmen, und anschließend im Studio alles noch mal aufnahm, sind lange vorbei. Heutzutage nehme ich den Bass ohnehin direkt während des Kompositionsprozesses auf. Geplant war natürlich, dass Gustaf meine Spuren wie üblich im Studio ersetzten würde, aber dazu kam es nicht mehr.