DAVID BOWIE - Schätze aus der Spielzeugkiste

28. Dezember 2021

David Bowie

DAVID BOWIE - Schätze aus der Spielzeugkiste

Am 8. Januar 2022 ist David Bowies 75. Geburtstag, zwei Tage später jährt sich sein Todestag zum sechsten Mal. Es ist also kein Zufall, wenn am Tag zuvor jenes Werk erstmals offiziell veröffentlicht wird, mit dem der Musiker sich im Jahr 2000 auf seine noch erfolglosen Anfangsjahre zurückbesonnen und alte Songs aus jener Zeit geradezu neu erfunden hatte: das legendenumrankte Album „Toy“, das in einer die Aufnahmen ausführlich dokumentierenden 3-CD-Box herausgebracht wird. Bereits knapp sechs Wochen vorher erscheint unter dem Titel „Brilliant Adventure“ zudem das fünfte Boxset der großen Retrospektive des Künstlers, das sein Schaffen in den für ihn teils turbulenten Jahren 1992 bis 2001 umfasst.

Die wechselhaften 90er

Die 1990er-Jahre waren für David Bowie eine Dekade der künstlerischen Wiedergeburt, auch wenn das zu jener Zeit von der kritischen Presse nicht so gesehen wurde. Sein viel gescholtenes, von 1988 bis 92 existierendes Bandprojekt Tin Machine brachte zwar nur zwei eher halbgare Studioalben hervor, das Quartett war jedoch für Bowie ein bedeutsamer musikalischer Jungbrunnen nach den immens erfolgreichen, doch künstlerisch teilweise katastrophalen 80er-Jahren. 

Allerdings hegte Bowie nach dem Ende von Tin Machine 1992 zunächst einmal den Wunsch nach breiterer, auch kommerzieller Anerkennung, rief den „Disco-King“ Nile Rodgers zu sich, der ihm schon „Let’s Dance“ auf den Leib geschneidert hatte, und unternahm den Versuch, eine halbwegs gefällige Platte zwischen Jazzpop, Funk und Plastic Soul zu produzieren. Das 1993 veröffentlichte Album „Black Tie White Noise“ war jedoch ein seltsamer Zwitter aus Experimentierfreude und etwas zu viel Konformität. Spannender war da das Nebenprojekt, an dem Bowie zeitgleich arbeitete: der Soundtrack zur TV-Verfilmung von Hanif Kureishis (von Bowie inspiriertem) Roman „The Buddha Of Suburbia“. Das gleichnamige Album, dessen Titeltrack als Single ausgekoppelt wurde, bestand aus experimentellen, teilweise instrumentalen Stücken, die stilistisch an Bowies Berliner Periode anknüpften. „‚Black Tie‘ war ein Versuch, wieder richtig kommerziell zu werden“, erinnert sich Reeves Gabrels, der seit 2012 Gitarrist bei The Cure ist. „Aber danach haben wir alles daran gesetzt, uns nicht vom Druck, der von außen kam, einschüchtern zu lassen und einfach die Musik zu machen, nach der uns gerade war.“

Das 1995 erschienene, gemeinsam mit Brian Eno eingespielte Konzeptalbum „1. Outside“ war dann eine der kühnsten Arbeiten in Bowies Karriere. Das fordernde Werk handelt von einem Detektiv, der in einer dystopischen Version der Gegenwart einen Mordfall untersucht, in der Mord zur Kunstform geworden ist. Ursprünglich sollten ihm noch vier Fortsetzungen folgen – ein Plan, den Bowie auch wegen der seinerzeit durchwachsenen Reaktionen darauf aber fallen ließ. „Ich habe den Leuten damals immer erzählt, dass jetzt niemand dieses Album hören wolle, aber in 30 Jahren würden sie anfangen, es schätzen zu lernen“, erinnert sich Pianist Mike Garson, den Bowie für die Aufnahme des Werks wieder einmal engagiert hatte. Stattdessen wagte sich Bowie mit „Earthling“ 1997 an den damals omnipräsenten Drum’n’Bass. Kritiker warfen ihm Anbiederung vor und meinten zu erkennen, dass der einst innovative Musiker den Trends mittlerweile nur noch hinterherlief ...

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