Weit über ein Dutzend Alben hat David Judson Clemmons bereits veröffentlicht – mit seinen ehemaligen Bands wie JUD oder The Fulbliss und zuletzt als Solokünstler. Auf dem neuesten Werk „Everything A War“ gelingt es dem in Deutschland lebenden US-Amerikaner, seine Prog-Wurzeln harmonisch mit melancholischem Singer-Songwriter-Artrock zu verbinden. Wir sprachen mit dem Sänger und Gitarristen über das neue Werk und seine Kunst im Allgemeinen.Bei seinen Antworten holt Clemmons, seit 2013 in einem kleinen Ort in Brandenburg nahe Berlin wohnend, gern weit und auf philosophische Weise aus und erweist sich als interessanter Gesprächspartner – nicht nur, wenn es um sein starkes neues Album geht.
eclipsed: Auf der neuen Platte gelingt es dir, einen sehr emotionalen Ansatz mit progressivem Songwriting zu verbinden. Meiner Meinung nach findet man diese Mischung nicht allzu oft.
David Judson Clemmons: Ich wurde durch Neil Youngs „Rust Never Sleeps“ regelrecht verflucht. (lacht) Ich liebe dieses Album und seine Struktur von ganzem Herzen: eine Seite akustisch, eine Seite Rock. Ich hatte schon immer eine Faszination für dieses Jekyll-und Hyde-Ding. Stets sage ich mir: „Jetzt schreibst du ein Album, das wirklich fließt, und nicht erst die wilden Gitarren, dann die akustischen usw.“ Und jedes Mal stehe ich an derselben Kreuzung, und irgendwie schaffte ich es in letzter Zeit, doch beide Wege zu gehen. Meine Songs sind das Ergebnis von sehr konzentrierten und langen Stunden des Experimentierens, und jeder meiner Songs bekommt eine lange Zeit, um sich in meinem Kopf zu entwickeln.
eclipsed: Und es kommt immer eine gute Melodie um die Ecke. Ist das die besondere Würze im Songwriting?
Clemmons: Ich bin ein Fan von Musik, die dem Hörer eine Gänsehaut beschert. Ich war schon immer ein Anhänger von Künstlern, bei denen man eine Melodie hört, die man noch nie zuvor gehört hat, wie bei den Eagles oder Prince. Auch für mich ist es wichtig, niemanden zu kopieren, sondern jede besondere Wendung einer Idee festzuhalten, die meinen eigenen Fingerabdruck hat.
eclipsed: Wovon genau handeln die Songs auf dem neuen Album?
Clemmons: Lass mich dafür zunächst auf eine kürzlich erschienene Rezension in einem großen Magazin eingehen, das ich nicht nennen möchte. Der Autor tat so, als habe er das Album gehört, und schrieb etwas von Liedern über Bomben, Drohnen und Krieg. Das zu lesen, machte mich krank. Da die meisten Künstler in Metaphern schreiben, geht es auf „Everything A War“ natürlich nicht um Drohnen oder Krieg. Der Titel ist eine Anspielung auf den inneren Frieden und das Fehlen desselben, auf ansteckende Gier und psychologische Machtkämpfe in unseren Städten, unseren Schulen, an unserem Arbeitsplatz. Es geht auch darum, ein Teenager zu sein und nicht zu wissen, wie man sich verhalten oder fühlen soll, weil sich alles um einen herum verändert und man niemandem trauen kann, selbst den wichtigsten und mächtigsten Menschen dieser Welt nicht. Aber die Lieder handeln auch davon, offenen Auges durchs Feuer zu gehen, jedem Hindernis lachend zu begegnen und dann auf der anderen Seite mit einem Lächeln im Gesicht und Liebe im Herzen wieder herauszukommen.