„=1“ ist das 23. Studiowerk von DEEP PURPLE und zugleich das fünfte, das von Starproduzent Bob Ezrin betreut wurde. Ob es auch das letzte sein wird, darüber wollte weder das einzige Originalmitglied Ian Paice noch Don Airey, der seit 22 Jahren anstelle von Jon Lord in die Tasten greift, verbindlich Auskunft geben. Stattdessen gibt es viel Lob für den Neu-Gitarristen Simon McBride, denn der nordirische Mittvierziger sorgte dafür, dass seine Ü70-Kollegen auf dem neuen Album quasi in einen Jungbrunnen gefallen sind. Über Ex-Gitarrist Steve Morse mag dagegen niemand schlecht reden, auch wenn alle erleichtert zu sein scheinen, dass diese Ära zu Ende ist.
Schon beim 2017er „Infinite“-Album wirkte Steve Morse müde. Nach 23 Jahren in der Band lieferte er zwar immer noch ab, fühlte sich aber trotz des Wohlwollens der anderen Bandmitglieder weiterhin als Außenseiter oder Platzhalter: „Wenn die anderen Frieden mit Ritchie Blackmore machen würden, dann würde ich gern Platz machen für ihn.“ 2021 hatte Morse endlich Grund, seine Loyalität gegenüber der Band aufzugeben: Seine Frau kämpfte damals mit einer Krebserkrankung, weswegen er bis zu ihrem Tod im Februar 2024 bei ihr zuhause in Florida blieb. Inzwischen ist der versierte Saitenhexer wieder mit seiner Ex-Band The Dixie Dregs unterwegs, und gelegentlich spielt er auch Gigs mit seiner „Lieblingsband“, der Prog-Supergroup Flying Colors.
Gerade bei solchen Auftritten wirkt Morse immer sehr gelöst, während er bei Deep Purple so aussah, als würde er trotz aller musikalischen Finesse einfach einen Job verrichten. Sein Wunsch nach einer Rückkehr von Blackmore, der im nächsten April seinen 80. Geburtstag feiert, ging zwar nicht in Erfüllung, doch mit dessen jüngerem „Bruder im Geiste“ Simon McBride hat die Band einen exzellenten Ersatz gefunden, der ohne Startschwierigkeiten sofort Freude daran hatte, bei Live-Konzerten ein Deep Purple-Mitglied zu sein. Und ohne den drei Studiowerken mit eigenem Material – „Now What?!“ (2013), „Infinite“ (2017) und „Whoosh!“ (2020) – ihre Klasse abzusprechen, ist „=1“ noch mal ein ganz anderes Kaliber: ein mit knackigen Riffs vollgepacktes spätes Meisterwerk, bei dem die Band noch mal alle ihre Qualitäten demonstriert.
eclipsed: Hättet ihr vor etwa zehn Jahren geahnt, dass wir 2024 über ein neues Deep-Purple-Album sprechen würden?
Ian Paice: Hast du mir nicht schon 2003 nach dem „Bananas“-Album geraten, dass es Zeit wird aufzuhören? (lacht)
eclipsed: Ich bekomme inzwischen Leserbriefe, die mich aufgrund meiner Kritik zu „Bananas“ angreifen.
Paice: Hat Ian Gillan den Leserbrief geschrieben?
Don Airey: „Bananas“ war mein erstes Purple-Album. (lacht) Ein Klassiker!
eclipsed: Jetzt mal ernsthaft.
Paice: Ich bin ehrlich, ich dachte „Infinite“ ist unser letzter Schuss.
Airey: Ich glaube, außer Ian Gillan dachten wir das alle. Aber wir haben nicht offen darüber gesprochen. Wir haben es einfach weiterlaufen lassen ...