Alzheimer, das langsame, unaufhaltsame Verschwinden einer Persönlichkeit, setzt den Betroffenen und ihrem Umfeld unglaublich zu. Chris Herin, bekannt geworden als Gitarrist der US-Prog-Band Tiles, kennt die Gefühle aus erster Hand. Sein mittlerweile verstorbener Vater bekam die Diagnose vor vielen Jahren. Seitdem hat er sich viele Gedanken zu dem Thema gemacht. Die nun ihren Weg auf ein Konzeptalbum fanden, für das er Künstler wie Peter Frampton, Alex Lifeson (Rush) oder Michael Sadler (Saga) an Bord holte.
eclipsed: Wie ist dieses besondere Album entstanden? Wie gestaltete sich die Herausforderung, mit so vielen Künstlern zu arbeiten?
Chris Herin: Es hat etwas mehr an Organisation erfordert, so viel ist sicher. Die Songs sind schon vor ca. fünf Jahren entstanden, um die Zeit, als sich meine Band Tiles auflöste, nachdem der Sänger sich in den Ruhestand verabschiedet hatte. Ich fand die Songs ziemlich gut, wusste aber bereits, dass ich einen Sänger brauchen würde – ich bin nämlich kein besonders guter. Also kontaktierte ich meinen Freund Matthew Parmenter (Discipline). Er übernahm fünf oder sechs Lead Vocals; ich dachte über weitere Gastsänger nach. So kamen Michael Sadler und Tim Bowness hinzu. Je mehr Musiker aus der Prog-, Rock- und Metal-Welt ich nach Gastauftritten fragte, umso verrückter wurde es. Auch mein Produzent Terry Brown aktivierte seine Kontakte, er kennt ja haufenweise Leute.
eclipsed: Lief die Produktion ausschließlich über das Internet, oder habt ihr euch mal direkt im Studio getroffen?
Herin: Das meiste erfolgte über File Sharing. Die Musiker arbeiteten von dort aus, wo sie lebten, zum Beispiel Colin Edwin von England, Michael Sadler von Kanada aus. Terry hat ein eigenes Studio in der Nähe von Toronto, dort wurde einiges aufgenommen. Was wir zugesendet bekamen, war meistens sehr gut, wir schlugen nur selten etwas anderes vor. Es war ein Privileg, mit solchen Koryphäen zu arbeiten – es war aufregend, ihre Sachen zum ersten Mal zu hören.
eclipsed: Weißt du, ob die beteiligten Künstler in irgendeiner Form ähnliche Erfahrungen mit Alzheimer hatten?
Herin: Leider war es tatsächlich so, dass viele von ihnen mit Alzheimer oder Demenz im Familien- und Freundeskreis zu tun hatten. Vermutlich hat das auch dazu beigetragen, dass sie sich für das Projekt engagieren wollten. Es gab da eine persönliche Verbindung. Auch mein Vorhaben, einen Teil des Erlöses für gemeinnützige Alzheimer-Organisationen zu spenden, motivierte manchen.