Auch wenn Sänger Peter Nicholls leicht erkältet ist und alles tut, um sich für den zweiten Abend des Aschaffenburger IQ Weekenders zu schonen, geraten er und Bandmastermind Mike Holmes beim äußerst angenehmen Interview in einem gemütlichen Künstlercafé angesichts ihres neuen Albums „Dominion“ ins Schwärmen. Grund genug haben sie – nicht nur wegen des Albums, sondern auch wegen des überaus gelungenen Konzerts.
eclipsed: Euer letztes Album trug den Titel „Resistance“, das neue heißt „Dominion“. Beide Titel gehen in eine ähnliche Richtung: Man kann sie politisch deuten, man kann sie aber auch – so verstehe ich die Texte – als Verarbeitung persönlicher Kämpfe interpretieren.
Peter Nicholls: Ja, es gibt eine gewisse Verbindung zwischen den Titeln. Bei „Dominion“ geht es in vielen Songs um den Kampf mit sich selbst speziell in Bezug auf die Verarbeitung negativer Erlebnisse und den Umgang mit dem Tod. So heißt es im Quasi-Titeltrack [„No Dominion“, Anm.] ja auch, der Tod solle keine Macht über einen bekommen. Diesen Reflexionsprozess wollte ich in meinen Texten abbilden. Bei „Resistance“ war ich an einem sehr dunklen Ort, es war eine schwierige Zeit in meinem Leben. So entstanden Songs wie „Rise“, in dem es um Selbstbehauptung geht. Das neue Album ist da bei aller verarbeiteten Trauer deutlich positiver.
Mike Holmes: Und doch gibt es für mich da eine gewisse Verbindung zur Politik. Wenn Peter zur Zeit von „Resistance“ auch Texte über Selbstbehauptung geschrieben hat, lese ich da gerne eine globalere, politische Botschaft hinein, etwa in „Rise“ oder „Stay Down“. Ich habe damals begonnen, mich für Umweltgruppen wie Extinction Rebellion zu interessieren, und dann bei der musikalischen Umsetzung der Texte solche größeren Themen wie die Zerstörung unseres Planeten im Kopf gehabt.
eclipsed: Interessant ist der Gegensatz zwischen dem Albumtitel „Dominion“ und dem Vorabsong „No Dominion“, der möglicherweise auch von der Gestalt auf dem Cover unterstrichen wird. Ist es ein böser Herrscher oder ein Mann, der in sich blickt?
Nicholls: Es ist definitiv ein älterer Mann, der in sich schaut, der das Licht in seinem Inneren sieht, das ihn vor den äußeren Einflüssen schützen kann. Man sieht auch die Stadtlandschaft im Hintergrund, die sich auflöst, weil er sie verlassen hat, möglicherweise, um zu sich selbst zu finden, indem er Dinge hinter sich lässt.
eclipsed: Ihr habt euch erstmals seit dem Debütalbum dazu entschieden, eine Platte mit einem 20-Minuten-Song zu eröffnen…
Holmes: Das war zwischen uns beiden auch Grund für viele Diskussionen, weil wir uns lange nicht einig waren, ob das Sinn ergibt. Irgendwie will ja selbst eine Band wie IQ versuchen, ein neues Publikum anzusprechen, und das kriegt man nicht hin, wenn es als Erstes einen so langen und komplexen Track hören muss. Dann haben wir aber eingesehen, wie viel dieser Track gerade den IQ-Fans bietet, auch wegen seines Spiels mit gewohnten Arrangements und neuen Ideen. Nimm etwa die Bläsersounds am Anfang, das bietet dir bei allem Gefühl des Vertrauten auch etwas Neues, Unerwartetes.