LEPROUS - Keine Angst mehr!

12. November 2019

Leprous

LEPROUS - Keine Angst mehr!

Die fantastische Reise von Leprous geht weiter. Seit ihrem Debüt „Tall Poppy Syndrome“ haben die Norweger eine faszinierende musikalische Entwicklung genommen. Schon mit „Bilateral“ emanzipierte man sich vom ursprünglichen Ansatz (Black Metal gepaart mit klassischem Progrock der Siebziger und jazzigen Passagen), mit Alben wie „Coal“ und „The Congregation“ setzte man sich dann mit an die Spitze einer frischen neuen Progmetal-Generation. Mit „Pitfalls“, ihrem sechsten Album, befreit sich die Band nun auch mit Vehemenz aus diesem (für sie ohnehin nie wirklich vorhandenen) Korsett, die musikalische Palette des Quintetts scheint ab sofort beinahe unbegrenzt zu sein (siehe dazu auch die ausführliche Rezension zum aktuellen „Album des Monats“!). Im Interview spricht Sänger Einar Solberg darüber hinaus offen über seine schwere Depression.

eclipsed: Einar, „Pitfalls“ ist textlich das wohl persönlichste Leprous-Album überhaupt.

Einar Solberg: Als Künstler hat man immer zwei Optionen: Entweder man singt über wahre Ereignisse, oder man bemüht seine Fantasie. Ich habe für mich persönlich festgestellt, dass es leichter ist, wenn ich aus meinem Herzen diesmal keine Mördergrube mache. Es klingt paradox, aber es war hart und gleichzeitig leicht. Es war sehr schwer, weil man sich plötzlich sehr nackt fühlt, aber gleichzeitig auch einfach, weil es die Wahrheit ist. Ich spreche im Prinzip über die letzten anderthalb Jahre meines Lebens, in denen ich mit Angst und Depressionen fertigwerden musste.

eclipsed: Die Erzählstruktur ist allerdings keineswegs chronologisch.

Solberg: Das wäre natürlich die einfachste Herangehensweise gewesen. Im Opener hätte ich erzählt, wie alles angefangen hat, um dann am Ende vom Hoffnung machenden Licht am Ende des Tunnels zu berichten. Aber so funktioniert das Leben nicht, und ich wollte nie, dass dieses Album wie ein flauschiges Filmskript wirkt. Und so ist der letzte Song, „The Sky Is Red“, nicht nur der längste, sondern auch einer der am wenigsten hoffnungsvollen. Und genauso sind Depressionen ja auch irgendwie: Es gibt keinen exakten Start- oder Endpunkt. Sie kommen und gehen, manchmal sind sie stärker, manchmal schwächer.

eclipsed: Wann hast du die Problematik erstmals für dich realisiert?

Solberg: Der Zeitpunkt lässt sich natürlich nicht wirklich exakt bestimmen. Es gibt aber durchaus Ereignisse aus meiner Jugend bzw. Kindheit, die ich all die Jahre in mir eingeschlossen habe, über die ich hier aber nicht sprechen möchte. Da war ganz bestimmt auch ein gewisser Verdrängungsmechanismus aktiv. Natürlich ist es grundsätzlich gut, stets nach vorn zu blicken, doch ein gewisser Grad von Verarbeitung und Auseinandersetzung mit schlechten Erfahrungen muss sein. Ich fühle mich jetzt viel ruhiger und gelassener als vor der Erkrankung vor anderthalb Jahren.

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