MADRUGADA „Ein großer Teil der Musik, die wir lieben, kommt aus L.A.“

31. Januar 2022

Madrugada Sivert Høyem

MADRUGADA „Ein großer Teil der Musik, die wir lieben, kommt aus L.A.“

Mit Reunions ist das so eine Sache: Je nach Motivation sind sie oft mit Vorsicht zu genießen. Im Fall der norwegischen Drama-Rocker Madrugada kann allerdings Entwarnung gegeben werden: Ihr neues Album „Chimes At Midnight“, das in der City of Angels eingespielt wurde, ist ein Volltreffer.

Nach dem Tod ihres Gitarristen Robert Burås 2007 und einer Abschiedstour 2008 lösten sich Madrugada einstweilen auf, um 2019 mit einer umjubelten Tournee zurückzukehren, in deren Zentrum die Songs ihres 1999er Debüts „Industrial Silence“ standen. Neben Sänger Sivert Høyem und Bassist Frode Jacobsen war auch der ursprüngliche Drummer Jon Lauvland Pettersen wieder mit an Bord; den Part von Burås übernahmen Cato Thomassen und Christer Knutsen. In dieser Besetzung entstand auch das erste Madrugada-Album seit 13 Jahren: „Chimes At Midnight“ ist eine Sammlung hinreißender Balladen, die das alte Feeling sofort wieder aufleben lassen. Am Rande einer Bandprobe stellte sich Frontmann Sivert Høyem einem exklusiven Interview.

eclipsed: Auf der Reuniontour wusstest du noch nicht, ob es ein neues Madrugada-Album geben würde. Was hat dich dazu bewogen, neue Songs für die Band zu schreiben?

Sivert Høyem: Diese Aussage hatte ich am Anfang der Tour gemacht. Je länger wir unterwegs waren, desto öfter sprachen wir über ein neues Album. Die ganze Tour war sehr inspirierend für uns. Das Publikum war oft zwei- bis dreimal so groß wie früher. Es war schön, wieder gemeinsam unterwegs zu sein, und unser Zusammenspiel war großartig. Die Entscheidung für ein neues Album ergab sich ganz von selbst aus den Eindrücken auf der Tour.

eclipsed: Alte Songs zu spielen, ist eine Sache, das alte Bandfeeling wiederzubeleben und das Repertoire um neue Aspekte und Stücke zu ergänzen, eine ganz andere.

Høyem: Hätten wir „Chimes At Midnight“ aufgenommen, ohne vorher auf Tour gewesen zu sein, hätte es sicher ganz anders geklungen. Bevor wir ins Studio gegangen sind, hatten wir mehr als ein Jahr mit „Industrial Silence“ gelebt und geatmet. Das neue Album hat also sehr viel mit der Wiederentdeckung des Klangs von „Industrial Silence“ zu tun. Daher werden wir auf dem neuen Album für unsere alten Fans sehr gut zu erkennen sein.

eclipsed: In manchen Songs scheint Ennio Morricone ein heimlicher Co-Autor zu sein, in anderen schaut dir Frank Sinatra über die Schulter.

Høyem: Nicht die schlechtesten Referenzen. Wir hatten immer ein klassisches und ein kinematografisches Element in unserer Musik. Einiges davon hat sicher damit zu tun, dass wir das Album mit Kevin Ratterman in Los Angeles produziert haben. Wir haben im Studio 1 von Sunset Sound aufgenommen. Dort ist „Pet Sounds“ von den Beach Boys entstanden und viele andere Alben der goldenen Ära des Rock und Pop. Wir haben schon immer versucht, in unserer Musik den Raum festzuhalten. Es geht nicht darum, mit unseren Instrumenten einen künstlichen Raum zu erschaffen, sondern darum, den realen Raum zu transportieren. Einige Songs enthalten Streicher. Das trägt zur Ennio-Morricone-Atmosphäre bei.

Lest mehr im aktuellen Heft ...