RING VAN MÖBIUS erwecken den Retroprog zu neuem Leben

22. Januar 2021

Ring Van Möbius

RING VAN MÖBIUS erwecken den Retroprog zu neuem Leben

Mit ihrem Zweitwerk „The 3rd Majesty“ holt die norwegische Gruppe Ring Van Möbius zum großen Schlag aus, denn derart inspirierten Retroprog im Trioformat (ohne Gitarre, aber mit vielen Vintage-Keyboards) bekommt man selten geboten. So verwundert es nicht, dass diese vor Spielfreude überquellende Platte in unserer Dezember-Ausgabe 2020 zum „Album des Monats“ gekürt wurde. Thor Erik Helgesen, Sänger und Keyboarder der munteren Truppe, ist dementsprechend hoch erfreut und plaudert ausführlich über die Geschichte der Band und die Entstehung des Albums. 

eclipsed: Das neue Album eurer Landsmänner von Wobbler ist bei uns vor kurzem knapp an Platz 1 der Redaktionscharts vorbeigeschrammt, und Ring Van Möbius haben es nun geschafft, mit „The 3rd Majesty“ die Pole-Position zu belegen. Warum denkst du, dass Proggies bei dieser Musik derart ausflippen? 

Thor Erik Helgesen: (lacht) Es liegt wohl daran, dass wir dieses nostalgische Feeling verströmen, das ihrem Musikgeschmack entspricht. Meines Erachtens sind wir auch sehr wagemutig und ein bisschen verrückt, und wir versuchen, nicht dauernd alles zu stark zu kontrollieren. Wir lassen lieber los und schauen, wo uns die Musik hinführt. Manchmal kommt dabei totales Chaos raus, dann wieder melodischere Wendungen. Vielleicht liegt die Anziehungskraft des Albums auch an der Produktion und am wilden Spirit, der dahintersteckt. 

eclipsed: Im Booklet steht geschrieben: „Abgemischt mit Hilfe von voll-analogem Equipment und alten Techniken“. Kannst du das näher erklären? 

Helgesen: Wir haben diese alten Techniken aus den 50er-, 60er- und 70er-Jahren studiert und versucht, diese zu imitieren, z.B. wie man ein Drumkit mikrofoniert oder wie man zwei Bandmaschinen so manipuliert, dass ein echter Tape-Flanging-Effekt zustande kommt – heute meinen die Leute, das ginge nur mit einem Plug-in. Wir haben auch den Gesang durch die Rotationslautsprecher einer Orgel geschickt, die wir dann mit Mikros abnahmen. 
Entscheidend war auch, dass wir nur 16 Spuren zur Verfügung hatten und diese Limitation nutzen mussten, um kreativer zu sein. Wenn man ältere Aufnahmen hört, was ich den ganzen Tag tue, dann merkt man, dass oft nicht viele Instrumente beteiligt sind – es sind der Mix und die Spielweise, die den Sound kraftvoll wirken lassen.

eclipsed: Eure Heimatstadt Kopervik hat ja nur 12.000 Einwohner. Die Chancen, geistesverwandte Prog-Fans zu finden, waren dort wohl eher gering … 

Helgesen: (lacht) Kein Zweifel! Vor nicht allzu langer Zeit gab es dort nur zwei Progbands, und in der einen spielte meine Schwester. Ich selbst habe mein ganzes Leben in Bands gespielt und immer nach Leuten gesucht, die für diese Musik brennen. Normalerweise muss man seinen Kreis erweitern, um solche Leute zu finden, und plötzlich lag ich mit dieser Ansicht falsch! Denn die ersten zwei Jungs, die ich fragte, machten mit und sind immer noch dabei.

eclipsed: Wann und wo hast du deine Bandkollegen Håvard Rasmussen und Dag Olav Husås getroffen?  

Helgesen: Da muss ich ein wenig ausholen. Um ehrlich zu sein, wollte ich nie eine Progband gründen, denn ich hatte vorher ewig in einer Black-Metal-Band gespielt. Mir gefiel aber immer schon die Rockmusik aus den 70ern: Led Zeppelin, Deep Purple und Black Sabbath. Während meiner Militärzeit kam ich dann über einen Freund mit Progressive Rock in Berührung. Er stellte mir Bands wie Camel, King Crimson und Yes vor, und diese Musik wuchs mir allmählich ans Herz. Vor etwa fünf Jahren saß ich dann mit einem Bekannten zusammen – ich mit meiner Akustik-Gitarre, er mit seiner Querflöte –, und wir spielten einige klassische Stücke. Nach einer Weile probierten wir dann Sachen von Jethro Tull und Led Zeppelin, und plötzlich fiel mir eine Melodie ein. Ich sagte: „Hey, spiel das mal“, und ich spielte dazu eine Akkordfolge. Anschließend fiel mir gleich das nächste Riff ein, und so weiter – bis ich gar nicht mehr aufhören konnte, und das ging monatelang so! Bald lief ich die ganze Zeit mit Aufnahme-Equipment in der Tasche herum und ging sogar mit Papier und Füller schlafen. (lacht) Nach einer Weile wurde mir klar, dass es ziemlich blöd wäre, nichts daraus zu machen, denn ich fand, dass diese Riffs eine Band verdienen. Ich wollte diese Riffs aber nicht meiner damaligen Band vorspielen, weil wir unseren eigenen Stil hatten. Gleichzeitig wurde mir klar, dass ich eigentlich nur Leute kenne, die Black Metal spielen! 
Aber dann kam mir Ove in den Sinn, der beim letzten Album meiner Band als Toningenieur dabei gewesen war und damals in einem Plattenladen arbeitete, wo er mir viele coole Sachen empfahl, z.B. von Van Der Graaf Generator. Ich rief ihn einfach an und fragte, ob er Interesse hätte – und das hatte er. Anschließend rief ich Dag Olav an, der ebenfalls eher aus der Extreme-Metal-Ecke kommt, allerdings wusste ich, dass er auf Rush steht. Ich dachte: „Das ist der progressivste Drummer, den ich kenne.“ Wir ließen es also drauf ankommen und trafen uns ein paar Mal zum Proben – und es klang vermutlich furchtbar! (lacht) Aber wir sahen gleich das Potenzial, und ich schaffte mir bald darauf eine Hammondorgel aus dem Jahr 1968 an. Es war die billigste, die ich finden konnte, und anfangs wusste ich gar nicht, wie ich sie spielen sollte, aber genau das gefiel mir. Da ich mein ganzes Leben lang Gitarrist gewesen war, wusste ich natürlich, welche Licks und Tricks ich anwenden konnte – aber mit der Orgel konnte ich diese Kontrolle verlieren. Davon abgesehen war es schwierig für mich, weil ich zum ersten Mal richtig singen musste – sonst hatte ich ja immer nur herumgeschrieen, und jetzt musste ich versuchen, nicht mehr so furchtbar zu klingen. (lacht) 

Das komplette Interview ist Teil unseres Online Abos ...