Ihre Stimme kommt sanft und sehr sympathisch via schnellem Internet aus Los Angeles, wo Annie Clark alias St. Vincent lebt und wo es gerade 9 Uhr morgens ist. Sie war schon beim Joggen, weshalb sie die Zoom-Linse lieber ausgeschaltet lässt, aber ihre Aussagen sind so präzise auf den Punkt wie mit perfekten Hammerschlägen in die Wand gejagte Nägel. „‚All Born Screaming‘ ist von meinen sieben Alben das radikalste“, sagt die Sängerin, Weltklassegitarristin, Songschreiberin und Produzentin. „Diese Songs drehen sich um Leben und Tod.“ Der Verlust eines bzw. mehrerer geliebter Menschen habe ihr sehr abrupt und fast schon gewaltsam die Augen geöffnet und sie erkennen lassen, wie wertvoll das Leben sei, wie kurz auch, und wie traurig es einen mache, jemanden zu verlieren, den man geliebt habe.
Insbesondere habe sie verstanden, so die 41-Jährige, die in Oklahoma geboren wurde und in Texas aufwuchs, wie viele Dinge im Leben einfach rein gar nichts bedeuten würden, obwohl wir ständig einen Wahnsinnswirbel um sie veranstalten. „Wenn deine Nächsten aus dem Leben gerissen werden, verstehst du, dass es keine Zeit mehr zu verschwenden gibt. Und deshalb habe ich dieses sehr unmittelbare und direkte Album gemacht, das so dringlich und gefährlich ist wie das Leben an sich eben auch.“ Ein neues Album dieser Verwandlungskünstlerin ist per se immer ein Ereignis. Jedes, angefangen beim Debüt „Marry Me“ aus dem Jahr 2007, hat seinen ganz eigenen Charakter, seine ganz besondere Aura und Ausrichtung. Auch St. Vincent selbst erschafft sich immer wieder neu ...