Mit Talk Talks MARK HOLLIS starb jemand, der sich nicht verbiegen ließ

30. April 2019

Mark Hollis Talk Talk

Mit Talk Talks MARK HOLLIS starb jemand, der sich nicht verbiegen ließ

Anfang der 1980er gibt es etliche Bands, die binnen kürzester Zeit eine rasante Entwicklung durchlaufen. Beispiele dafür sind XTC, Prefab Sprout, The The oder Julian Cope: Künstler, die nicht einfach nettes Chartfutter liefern, die neueste Mode spazieren tragen und leicht zu vermarkten sind, sondern eigene Ideen entwickeln und auf kreative Weise rebellieren. Wenn sie nicht so viel Geld einspielen, wie es ihre Plattenfirmen von ihnen erwarten, reagieren diese allerdings nicht selten mit Daumenschrauben und Anwaltsschreiben – eine Erfahrung, die irgendwann auch Mark Hollis, Lee Harris, Paul Webb und ihr Produzent und inoffizielles viertes Bandmitglied Tim Friese-Greene machen müssen.

Von EMI werden Talk Talk als Synthiepop-Act verpflichtet, touren mit Duran Duran und schwimmen auf der New-Romantic-Welle. Mit Erfolg: Ihr zweites Album „It’s My Life“ macht die eher unprätentiösen Londoner 1984 durch die Hits „It’s My Life“, „Such A Shame“ und „Dum Dum Girl“ zu Popstars. Hollis sieht sich allerdings in erster Linie als Musiker und verweigert sich den Gesetzen der Industrie, wo er kann: Er gibt kaum Interviews, kultiviert das Image des mysteriösen Sonnenbrillenträgers und empfindet Videos als Farce – eine Haltung, die er im Clip zu „It’s My Life“ deutlich macht, in dem er die Lippen so asynchron zum Gesang bewegt, dass es wie eine Parodie wirkt. Zum eigenwilligen Stil der Band zählt auch die markante Covergestaltung von James Marsh.

Weitere Konflikte sind programmiert: Talk Talk lassen ihre Synthiepop-Einflüsse hinter sich und versuchen sich auf ihrem vierten Album „Spirit Of Eden“ 1988 an einem ehrgeizigen Mix aus Rock, Jazz, Klassik und Ambient. Die Veröffentlichung geht mit der Ankündigung einher, nicht zu touren und nichts auszukoppeln, was zum offenen Konflikt mit EMI führt: Das Label besteht darauf, „I Believe In You“ als Single herauszubringen und ein Video dazu zu produzieren. Hollis macht seiner Unzufriedenheit darüber in einem raren Interview mit dem britischen Magazin „Q“ Luft, in dem er von einem „gigantischen Fehler“ spricht: Die (schlechte) filmische Inszenierung nehme dem Hörer die Möglichkeit, selbst Bilder zur Musik zu entwickeln. Sie schränke die Kunst daher ein und kastriere sie.

Lest mehr im aktuellen Heft ...