TRAIL - 100% Live, 100% DIY

23. April 2018

Trail Underground

TRAIL - 100% Live, 100% DIY

Trail sind ein neues Quartett (Hergen: Gitarre, Henning: Gitarre, Jan: Bass und Nils: Drums) aus Darmstadt, das sich selbst auf der eigenen Website www.trailmusic.de die fünf Attribute Psychedelic, Stoner, Blues, Post und Rock verpasst hat und nun mit „Spaces“ ein Debütalbum vorlegt, dass eine furiose Mischung aus Stonerrock, New Artrock und Alternative Rock präsentiert. eclipsed stellte die Band im Proberaum zur Sprache.   

eclipsed: Seit drei Jahren gibt es Trail. Wie fühlt es sich an, plötzlich ein Album veröffentlicht zu haben?

Henning: Bei uns ist es was Besonderes, weil drei von uns Vieren schon seit 15 Jahren Musik zusammen machen. Wir machen nur noch die Musik, worauf wir Lust haben. Alles ist zwanglos gestaltet. Dass daraus jetzt ein Album entstanden ist, ist eine tolle Sache. Und dass es auf so eine positive Resonanz stößt, das feiern wir hier ganz gut ab.

eclipsed: Ihr seid ja nicht mehr ganz die Jüngsten, oder?

Henning: Zwischen 30 und 55. Nils ist der Jüngste mit 30, Hergen ist der älteste mit 55 und Jan und ich sind beide 34.

eclipsed: Euer Debütalbum „Space“ klingt überhaupt nicht wie das Debüt einer Band. Das klingt schon so abgezockt, so gereift, so cool. Woher kommt das?

Nils: Wir machen eben schon seit 15 Jahren zusammen Musik. Henning ist auch mein großer Bruder. Wir machen also schon lange zusammen Lärm und haben auch immer versucht, das ganze aufzunehmen. Das war früher ohne Studio natürlich nicht immer leistbar. Wir haben die Sachen aber mit uns mitgezogen. Dadurch dass wir so lange zusammenspielen und viel jammen, was man auf der Platte auch hört, sind wir instrumental super aufeinander eingespielt. Wir haben dabei das Recording immer durchgezogen. Unsere Platte ist komplett selbst produziert. Selbst aufgenommen, gemischt und gemastert. Das Album ist auch komplett live eingespielt. Dadurch dass wir uns schon immer mit dem Recording beschäftigt hatten, hatten wir keine Lust irgendwelche Sachen zu overdubben oder isoliert einzuspielen. Wir haben gesagt: „Wir machen das live.“ Was dabei rausgekommen ist, ist Trail live und wir nennen das mal „Spaces“.

eclipsed: Die Tracks auf dem Album haben keine Titel, sondern nur Nummern und das geht auch durcheinander und mit Lücken. Warum tragen die Tracks keine Namen?

Jan: Nils hat immer Projektnamen, die sich kein Mensch merken kann, weil sie keinen Sinn machen. Henning, Nils und ich hatten schon vorher in unterschiedlichen Konstellationen mit Sängern gespielt. Jetzt ohne Sänger haben wir uns auch von Texten und der Idee, dass es an etwas Sprachliches gekoppelt sein muss, gelöst. Wir haben den Songs dann Nummern gegeben. Wir nummerieren tatsächlich die Ideen, die wir sammeln, sehr strikt durch. Wenn wir die Ideen dann tatsächlich umsetzen und zu einem Song ausarbeiten, bleiben die Nummern eben bestehen. Auf dem Album haben wir es im Vergleich zu live umgestaltet. Es muss natürlich auf eine Platte passen.

eclipsed: Auf dem Album geht es bis „9“. Die Nummern „3“, „5“, „6“ und „7“ fehlen. Gibt es die auch irgendwann noch mal zu hören?

Henning: Die „6“ und „7“ gibt es in einer uralten Weihnachts-Live-Version auf unserer Bandcamp-Seite. Wir haben gemerkt, dass „6“ und „7“ gut zusammenpassen, so ist daraus „6.7“ geworden. „5“ gibt es nicht mehr. Das war ein Song, den wir zu jammen begannen, der dann aber weggedriftet ist. Wir jammen viel und daraus entstehen festere Ideen, die dann im Set eingebaut werden. Live betrachten wir alle Songs als ein ganzheitliches Set. Deswegen auch einfach nur die Nummern. Jeder soll sich seinen Teil dazu denken. Wir wollen niemanden vorbelasten durch irgendwelche Namen.

Jan: Die „3“ spielen wir nur live. Für uns ist das ein Zwischenstück, etwas bluesig, etwas um live Spaß zu haben.

eclipsed: Einer eurer YouTube-Filme beginnt mit dem Motto „100 % live, 100 % DIY“. Ist das euer Prinzip oder ist das aus der Not herausgeboren?

Henning: Das ist bei uns ein Gesamtkonzept mit den Proberäumen. Seit fünf oder sechs Jahren proben wir hier schon. Wir hatten das große Glück, dass hier in dem Gebäude der Westflügel ausgebaut wurde und wir unseren eigenen Raum einrichten konnten. Wir haben damit quasi unser eigenes Studio hier eingerichtet. Nils beschäftigt sich jetzt auch schon seit zehn Jahren mit dem Soundengineering. Für uns ist es das Ganzheitliche, vom Recording über das Video bis hin zur Musik. Wir wollen nur das machen, worauf wir Lust haben und was wir auch selbst machen können. Wir denken, dass nur so das authentische Trail zustande kommt. Es ist nicht aus der Not heraus geboren, sondern es soll so sein.

Nils: Deswegen auch das Live-Recording. 100 Prozent handgemacht. Auf der Platte ist bis auf das allerletzte Remastering alles selbst gemacht. Das ist das, was wir leben und verkörpern wollen. Das ist auch das, was wir auf die Bühne bringen. Die CD ist gar nicht so weit weg von dem Live-Set. Das ist einfach ein Gesamtpaket.

eclipsed: Wenn nun ein Plattenlabel kommt und euch unter Vertrag nehmen will?

Jan: Gute Frage, haben wir uns noch nicht mit auseinandergesetzt. Das Vinyl wird bei Clostridium erscheinen. Das ist ein kleines Label mit einer wunderschönen Idee. Es wird nur von einer Person geführt und das passt zu unserem Konzept. Hinter Clostridium steht nur ein Mensch, der einfach Bock auf gute Musik hat. Natürlich wollen wir unsere Musik verbreiten und unter die Leute bringen. Ich glaube, wir sind zu alt, um noch diese Rockstar-Träume zu haben. Da ist der Zug so langsam abgefahren. Auch die Musik, die wir machen, ist viel zu speziell.

eclipsed: Auf eurer Website steht „Psychedelic Stoner Blues Post Rock“. Ist es so einfach? Oder so kompliziert?

Henning: Ich finde, es ist ein Wort zu viel. Ich weiß aber nicht welches. Irgendwie muss man ja wohl doch einen Aufkleber drauf machen.

Jan: Ich dachte, dass es ausgerichtet ist an den Google-Suchalgorithmen. Das sind aber auch Dinge, die sich in unserer Musik widerspiegeln. Da sehe ich unsere Wurzeln. Postrock ist ein Stempel, den andere uns gegeben haben. Da wäre keiner von uns selbst draufgekommen. Wir haben eine ganz gute Mischung. Dadurch dass Hergen ein bisschen älter ist, liegt sein Schwerpunkt mehr in den Achtzigern. Henning, Nils und ich haben eine Vergangenheit im Grunge. Wir finden uns im Stoner wieder, mit dem psychedelischen Element. Unsere Songs sind recht unterschiedlich und diese Mischung macht es letztendlich auch aus.

Nils: Wir versuchen nicht, ein Genre zu treffen. Wir machen einfach Trail. Wir machen unser Ding.

eclipsed: Wie sieht eure musikalische Sozialisation aus?

Henning: Für mich war eine ganz lange Zeit der Grunge mit Pearl Jam und Alice In Chains prägend. Gitarrenmäßig stehe ich weiterhin auf Mike McCready, den Gitarristen von Pearl Jam. Ich mag jetzt aber auch den Stoner wie Kyuss oder Queens Of The Stone Age. Auch dort die älteren Sachen. Neuere Sachen nicht so sehr, das ist für mich wie Arsch-wackeln-Musik. Wir konsumieren alle unheimlich viel Musik quer durch. Nils hat es sogar geschafft, mich so ein bisschen in die Hip-Hop-Richtung reinzubringen. Wobei ich jetzt von einem Hip-Hopper gehört habe, dass die Bands, die ich kennengelernt habe, gar kein Hip-Hop sind. Wir hören viel Musik und deren Elemente fließen bei Trail mit rein. Das ist doch ganz normal.

eclipsed: Welche Pläne habt ihr jetzt? Was wird kommen?

Jan: Wir wollen jetzt erst mal wieder ein paar Live-Gigs an den Start bringen. Die kommende Saison wollen wir voranbringen. Die Schallplatte kommt dann ja demnächst. Da wollen wir eine Releaseparty machen. Zur Nummer „8“ haben die Jungs von Tag & Nacht-Media, die hier auch Teil der großen Community in dem Gebäude sind, im letzten Dezember ein Video gedreht. Dieses Video wird demnächst auch veröffentlicht. Das dauert noch ein bisschen, bis die damit fertig sind. Also Platte, Auftritte, Video. Das volle Paket. Das sind die Pläne. Es wird auch T-Shirts und Taschen von uns geben.

*** Interview: Bernd Sievers