Endlich, nach vielen Jahren der verschobenen Termine und missglückten Versuche, wird Fish seine Karriere mit zwei Highlights beenden: einer umfassenden Tournee, bei der auch Urgestein Mickey Simmonds erstmals seit den 90ern wieder mit an Bord sein wird, sowie den lange erwarteten Reissues seiner ersten beiden Alben „Vigil In A Wilderness Of Mirrors“ und „Internal Exile“. Aber ob er danach wirklich in Rente geht?
Fish vertilgt gerade noch schnell eine Schüssel Nudeln, während er den Zoom-Anruf entgegennimmt; beim letzten Mal war es noch ein Weizenbier. Währenddessen beschwert er sich lautstark über das Nicht-Auftauchen des Gasinstallateurs, der in seinem neu erworbenen Haus auf den Äußeren Hebriden einen Ofen einbauen sollte. Die Befürchtung, dass die Interview-Zeit mit einem Gespräch über unzuverlässige Handwerker draufgeht, bestätigt sich glücklicherweise nicht; so aufgeräumt und konzentriert hat man den ewigen Fast-Rentner noch nie erlebt.
eclipsed: Weißt du noch, wie du dich gefühlt hast, als du zum ersten Mal als Solokünstler ins Studio gegangen bist?
Fish: Ich sehe diese Zeit eher in verschiedenen Phasen. Die erste war, als ich zum ersten Mal mit anderen Leuten, namentlich Mickey Simmonds, Songs geschrieben habe, übrigens genau hier, wo ich jetzt sitze! Das war ungewohnt, aber befreiend. Und dann sind wir nach London, um die Songs aufzunehmen, das war die nächste Phase. Da habe ich mich wirklich wie ein junger Erwachsener gefühlt, der zum ersten Mal sein Zuhause verlässt, um in die große weite Welt zu ziehen. Dazu kam der Rechtsstreit mit Marillion, den ich mit einer großen Scheidung vergleichen würde. Meine Gefühle schwankten zwischen Angst, Euphorie, Aufregung, Erwartung, Zweifel … es war verrückt.
eclipsed: Ein harter Schlag war, dass die EMI das Album mehrere Monate zurückgehalten hat, damit Marillions „Seasons End“ und „Vigil“ sich nicht in den Weg kommen…
Fish: Aus heutiger Sicht verstehe ich deren Argument, denn vielleicht wäre das für beide Parteien nicht gut gewesen. Aber damals war das für mich natürlich eine Katastrophe. Ich hatte die Single „State Of Mind“ draußen, sie kam ganz gut an, aber ich konnte das Album nicht nachliefern. Ich bin dann auf eine kleinere Schottland-Tour gegangen, um wenigstens etwas zu tun. Sie haben mir versprochen, mich dafür mit dem Marketing umso mehr zu pushen, aber letztlich gab es bis dahin die üblichen Besetzungswechsel, es wurde schlecht vermarktet, und als ich kurz vor den 500.000 verkauften Einheiten war, die eine Vertragsänderung in Bezug auf das nächste Album nach sich gezogen hätten, haben sie mich ausgebremst. Also kam es zum Rechtsstreit. Aber es war trotzdem erfolgreich, ist ja auch ein tolles Album.
eclipsed: „Internal Exile“ klang in meinen Ohren immer etwas zusammengestückelt. Tolle Songs, klar, aber dann wieder ein paar Durchhänger …
Fish: Und genau das hat sich durch den neuen Mix von Calum Malcolm geändert. Nicht nur veränderte er die Dynamik der Songs, er hat sie auch noch aufeinander abgestimmt, einen Flow reingebracht und dabei, die weiseste Entscheidung von allen, sowohl die Reihenfolge der Titel geändert als auch die beiden B-Seiten „Poet’s Moon“ und „Carnival Man“ integriert. So ergibt sogar ein zuvor deplatziert wirkendes Stück wie das Cover von „Something In The Air“ plötzlich Sinn. Ich würde sogar sagen, wenn das Album damals in dieser Form erschienen wäre, wäre es mit meiner Karriere weiter aufwärts statt abwärts gegangen. Denn ab da ging es abwärts. Das mag verschiedene Gründe gehabt haben, aber ein entscheidender war sicherlich, dass „Internal Exile“ ein unrundes Album war.