Im September 1973 hatte der Krautrock gerade begonnen, sich auch im Livebereich zu einer eigenen Größe zu entwickeln. Nachdem deutsche Rockbands bereits auf einigen internationalen Festivals bejubelte Auftritte abgeliefert hatten, trauten sich nun Veranstalter, Festivals mit ausschließlich deutschen Bands zu organisieren. In Frankfurt wurde im Mai 1973 mit dem Super Rock Festival der Startschuss gegeben. Aber das Krautrock-Festival des Jahres 1973 fand unbestritten am 15. und 16. September in Krefeld statt.
Bereits gegen Ende der 1960er Jahre begann eine neue Musikergeneration in Deutschland, eigene Wege in der Rockmusik zu finden. Durch die schrittweise Abkehr von angloamerikanischen Vorbildern, die Suche nach eigenen Ausdrucksmöglichkeiten, eigenwillige Sounds und innovatives Bühnengebaren wurden Amon Düül II, Guru Guru, Birth Control, Triumvirat, Wallenstein, Eloy, Franz K., Atlantis und viele andere schnell die neuen Helden einer sich rasant entwickelnden Underground-Kultur.
Von den etablierten Medien weitgehend ignoriert, entwickelten die neuen Bands eine starke Anziehungskraft auf ein junges und eingeweihtes Publikum, das sich nicht mehr am Mainstream orientierte, sondern dabei war, sich über Mund-zu-Mund-Propaganda ein eigenes musikalisches Koordinatensystem zu schaffen. Ein Leuchtturm dieser Bewegung war ein Ereignis, das an einem Wochenende im September 1973 in der Rheinlandhalle Krefeld stattfand und bis heute unvergessen ist: Das GERMAN ROCK FESTIVAL lockte mit mehr als 20 angekündigten Bands, die ausschließlich aus Deutschland kamen, Tausende Fans in eine karge Betonhalle, in der ansonsten Eishockey gespielt wurde.
Es stand nicht in der Zeitung, doch alle wussten Bescheid
Einer der Fans, die voller Spannung dem Fest entgegenfieberten, war Kurt Mitzkatis. Er erinnert sich: „Am Wochenende vor Krefeld war ich auf dem Speedway-Stadion Eichenring, wo das Rock-Festival Scheeßel 1973 stattfand. Das bot mit Alexis Korner, Argent, Beggars Opera, Chicago, Soft Machine und anderen ein gewaltiges Aufgebot an internationalen Bands, die ein kleines Woodstock in Norddeutschland versprachen. Mit Jane, Karthago und Epitaph waren auch deutsche Bands dabei. Bereits in Scheeßel sprach man über das Festival in Krefeld, dass dort nur deutsche Bands auftreten sollten. Das war schon was Besonderes. Für uns war das damals unglaublich spannend.“
Die Festival-Szene war noch in der Startphase, Beschränkungen und gesetzliche Vorgaben gab es kaum. Die Fans reisten zumeist noch per Anhalter an. Improvisieren war angesagt, sowohl auf Seiten der Veranstalter als auch beim Publikum. Veranstalter des zweitägigen Festivals in Krefeld waren die Agentur Octopus Productions und das regionale Konzertbüro Bodo Albes. Das Team von Octopus Productions war in der Szene gut vernetzt, kümmerte sich von 1972 bis 1974 um das Management der Bands Alcatraz, Wallenstein und Birth Control.