Der Engländer Colin Orr befand sich Ende der 1960er-Jahre zum Studium der Agrarwissenschaft in Deutschland. Doch eigentlich wollte der damals gerade mal 20-Jährige professioneller Musiker werden. Deshalb gründete er 1971 in Krefeld zusammen mit vier Gleichaltrigen das Heavy-Progressive-Rock-Quintett Janus, das sich live rasch einen Namen in der Szene machte. Bald wurde die in Köln ansässige Plattenfirma EMI auf die Band aufmerksam. Da man kurz zuvor das progressive Sublabel „Harvest“ gegründet hatte, waren die „jungen Wilden“ hier absolut richtig: Man wurde sich 1972 handelseinig, und die Formation nahm als erste in den EMI-eigenen Studios das Debüt „Gravedigger“ auf.
Nun kommt es unter dem Titel „Gravedigger (Hybrid)“ erneut in den Handel. Die Neuveröffentlichung beinhaltet eine komplette Neubearbeitung des Kult-Klassikers. Dazu gesellen sich weitere nicht so bekannte Janus-Tracks sowie das bis dato unveröffentlichte Stück „Agnus Dei II“, ein wildes Highlight des Psychedelic Rock. Der heute 75-jährige Orr ist total stolz auf das Ergebnis.
eclipsed: Erinnerst du dich noch, als ihr „Gravedigger“ als LP zum ersten Mal gehört habt?
Colin Orr: Als wir unsere eigene Musik im EMI-Studio, schon fertig gemastert, das erste Mal hörten, traf uns beinahe der Schlag. Während wir live die Sau rausließen, hatten uns die Produzenten des Albums ziemlich alle Zähne gezogen. Vor allem beim 20-minütigen Titelstück, das eigentlich extrem geheimnisvoll war – es klang plötzlich nur noch profan. Wir wollten die Veröffentlichung verhindern, doch unser Vertrag ließ das nicht zu.
eclipsed: Im Anschluss begann eine wilde Zeit mit Groupies, Drogen und jeder Menge Konzerten …
Orr: Wir ließen es in der Tat gehörig krachen! Als ich 1973 in meine britische Heimat zurückkehrte, hielt ich mich für einen Superstar! Doch die Verkaufszahlen waren mau, EMI kündigte den Kontrakt, ich wurde Vater von zwei Töchtern und Agrarwissenschaftler. Währenddessen avancierte „Gravedigger“ zum Kultalbum, Ich bekam irgendwann Wind davon, remasterte und remixte es selbst – und legte 2013 die nächste Version vor, mächtig und tiefgründig.
eclipsed: Zwölf Jahre später gibt es nun „Gravedigger (Hybrid)“. Was hat es damit auf sich?
Orr: Wir haben eine neue Plattenfirma für das Original gefunden. Die wollte eine Art „Best of“ machen, also die Songs des alten Albums komplett in neuem Gewand vorliegen haben, dazu noch andere Kompositionen, die nicht so bekannt sind, sowie ein völlig neues Stück. Es ist eine schöne und auch schön schräge Retrospektive geworden, finde ich.