ROBERT REED - Ein Musiker mit 1000 Gesichtern

10. Dezember 2021

Robert Reed

ROBERT REED - Ein Musiker mit 1000 Gesichtern

Rob Reed ist einer der vielseitigsten und produktivsten progressiven Klangtüftler unserer Zeit. Kürzlich brachte er das Album „The Ringmaster: Part One“ heraus, das an seine Mike-Oldfield-Verbeugungen anschließt, die er seit 2014 unter dem Projekttitel „Sanctuary“ veröffentlichte. Der Prog-Gemeinde bekannt ist er aber vor allem als Gründer der Neoprog-Band Magenta, deren Debüt „Revolutions“ 2001 erschien. Weitere Projekte sind Cyan, Chimpan A und Kompendium. Wie schafft dieser Mann das bloß?

Seiner musikalischen Anfänge mit dem Bandprojekt Cyan gedachte der Multiinstrumentalist Rob Reed in diesem Jahr mit einer Neuaufnahme des Debütalbums „For King And Country“ von 1993. Mit Chimpan A (zwei Alben seit 2006) und seiner Hommage an die Elektronikpioniere der 70er-Jahre „Cursus 123 430“ (2020) mischte er auch im elektronischen Kosmos mit. An dem Projekt Kompendium (2012/13) wiederum waren Stars der Progrockszene wie Steve Hackett, Jakko Jakszyk und Mel Collins beteiligt.

Von „Sanctuary“ zu „The Ringmaster“

Reeds neues Album „The Ringmaster: Part One“ knüpft an das bereits von seinen drei „Sanctuary“-Alben (2014–18) bekannte Folkprog-Patchwork an und ist wiederum stark von Mike Oldfield beeinflusst, diesmal der Phase von „Ommadawn“ (1975) bis „QE2“ (1980). Warum also keine weitere Veröffentlichung unter dem etablierten Titel? Wie Reed ausführt, beruhte der Name „Sanctuary“ (auf Deutsch „heilige Stätte“ oder „Zufluchtsort“) auf dem Anspruch, darin die eskapistische, nahezu „heilige“ Qualität der Musik Mike Oldfields der 70er-Jahre einzufangen. Nun sei es an der Zeit gewesen, etwas zu ändern: „Ich wollte das ganz einfach nicht mehr ‚Sanctuary IV‘ und immer so weiter nennen. Das wird irgendwann beliebig. Die Musik sollte dieses Mal mit konkreteren Bildern und Titeln verbunden sein, denen man folgen kann. Ich finde, die Musik profitiert davon, nicht immer nur so einen langweiligen Aufbau aus großen, mit „Teil 1“ und „Teil 2“ bezeichneten Longtracks aufzuweisen. Daneben gibt es jetzt auch mal kürzere Stücke, die einen zwischendurch atmen lassen. So entwickelt sich auch meine eigene Musik weiter.“ Neben Oldfield als Dreh- und Angelpunkt gebe es u. a. Einflüsse von klassischen und Filmkomponisten wie David Bedford, Ennio Morricone und John Barry: „Ich will Mike Oldfield ja nicht kopieren, sondern vor allem die gleiche Wirkung auslösen wie er.“ 

„The Ringmaster“: Wenn einen die Oldfield-Muse küsst

Wie kam es nun zu der Idee, mit „The Ringmaster“ ein zweiteiliges Konzeptwerk über die Launenhaftigkeit der künstlerischen Muse zu komponieren? „Ich saß mit dem Flötenspezialisten Les Penning zusammen, der schon an frühen Oldfield-Alben beteiligt war und mit dem ich bei allen „Sanctuary“-Projekten zusammengearbeitet hatte. Da fiel uns diese imaginäre Figur ein, die einem auf der Schulter sitzt, wenn man kreative Arbeit leistet. Entweder gibt sie einem alles, und es fließt nur so aus einem heraus, oder sie liebt es, dich mit dem Nichts zu ärgern. Mit dieser Figur sind wir dann in ihr eigenes Land gereist, um herauszufinden, wie sie tickt.“ Der zweite Teil von „The Ringmaster“ ist bereits fertig produziert: „Insbesondere wenn man die heutigen Hörgewohnheiten berücksichtigt, sind 100 Minuten Musik auf einen Schlag einfach zu viel. Nach spätestens der Hälfte ist doch die Konzentration weg. Daher habe ich es gesplittet. Nun kann man der Story in Ruhe folgen, muss aber trotzdem nicht Jahre, sondern nur drei Monate auf die Fortsetzung warten.“ ...

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