TIM SUND beschäftigt sich beruflich und musikalisch mit großen Tastenmeistern

TIM SUND beschäftigt sich beruflich und musikalisch mit großen Tastenmeistern

In den letzten Jahren fiel Tim Sund regelmäßig durch interessante und vielschichtige Plattenveröffentlichungen auf. So widmete er sich auf seinen Solo-Alben dem Jazz, wandelte mit dem Fusion-Projekt The Mightiest Ever auf den Spuren der Pat Metheny Group und frönte mit Green Desert Tree seinen Progressive-Rock-Vorlieben. Im Interview mit eclipsed berichtet der 51-Jährige, der seit 1997 in Berlin lebt, dass er nach 20 Jahren, in denen er die Studienvorbereitung Jazz/Pop der größten Musikschule in Berlin aufgebaut und geleitet hat mittlerweile für die Synthesizer-Firma Nonlinear Labs arbeitet, weswegen er nun enge Kontakte zu einigen der berühmtesten Synthesizer-Spieler pflegt.

Auch über seine frühen Einflüsse berichtet der gebürtige Hagener ausführlich, ebenso über sein neues Instrumental-Trio Tim Sund Electrified, das von Bassist Alex Will und Schlagzeuger Jonathan Gradmann komplettiert wird und soeben das Debüt-Album „The Future On Our Doorstep“ veröffentlicht hat. Hierauf werden Prog- und Fusion-Einflüsse zu einer stimmigen Melange verschmolzen, wobei drei Stücke als Tribut an prägende Keyboarder gedacht sind. 

eclipsed: Tim, du bist nicht nur Pianist/Keyboarder und Komponist, sondern mittlerweile auch Label-Inhaber. Womit bist du sonst gerade beschäftigt? Und unterrichtest du auch?

Tim Sund: Ich habe sehr viel unterrichtet. 20 Jahre lang habe ich eine Studienvorbereitung an der größten Berliner Musikschule aufgebaut, der Musikschule City West, die vom Senat gefördert wird. Da habe ich die ganzen Inhalte konzipiert, viel unterrichtet und auch viel organisiert, aber im Mai 2022 habe ich diesen Job abgegeben – und das war ‘ne feste Stelle! (lächelt) Ich bin jetzt in der Firma von Stephan Schmitt, dem Gründer von Native Instruments, der vor zehn Jahren eine neue Synthie-Firma gegründet hat, die Nonlinear Labs heißt und deren erster Hardware-Synthesizer seit ein paar Jahren auf dem Markt ist: der C15, der auch Teil meines Setups ist. Stephan und ich haben uns vor sechs Jahren auf einer Messe kennengelernt, und ich bin ziemlich schnell sein erster Endorser geworden und habe ihm bei Videos usw. geholfen. Letztes Jahr hat er mir angeboten, in die Firma einzusteigen, und das ist für mich natürlich total cool, weil es da jetzt unheimlich viele synergetische Effekte gibt. (lächelt) 

eclipsed: Was genau sind deine Aufgaben bei Nonlinear Labs?

Sund: Ich bin einerseits für die „Artist Relations“ zuständig und komme auf Messen wie die NAMM mit, andererseits kümmere ich mich aber auch um die Kundenkontakte. So lerne ich jetzt ganz easy viele bekannte Leute kennen, die ich sonst nicht kennenlernen würde. Wenn ich jetzt irgendwelche coolen Keyboarder anschreibe und sage, dass ich einen unheimlich guten Synthesizer vom Gründer von Native Instruments habe, renne ich damit offene Türen ein. Das heißt: Ich bin jetzt dicke mit Richard Barbieri von Porcupine Tree, der mir auch schon einen C15 abgekauft hat. (lacht) Meine erste E-Mail für die Firma ging an Jean-Michel Jarre – auch ihm habe ich einen C15 verkauft, den er umfangreich auf seiner neuen Platte [„Oxymore“; Anm.] benutzt. Jim Gilmour von Saga schaut sich das nächste Mal, wenn er in Berlin ist, ebenfalls den C15 an. Bei Jordan Rudess komme ich backstage, weil er auch einen C15 hat. Das ist richtig cool, weil diese Musiker sofort spüren, dass man auf derselben Wellenlänge ist. Ich habe auch gleich gemerkt, dass dieser Job für mich die Chance ist, noch mal was ganz anderes zu machen. Mein Chef Stephan ist auch Mitteilhaber meiner Plattenfirma (Signal Source Music; Anm.), gemeinsam mit Ernst Pelzer, unserem Geschäftsführer. Ich wäre nie auf die Idee gekommen, von mir alleine aus ein Label zu gründen, weil ich dafür kein Budget hätte. So etwas schafft man nur im Team. In Zukunft wollen wir auch gerne an jüngere Künstler herantreten und sie aufbauen.  

eclipsed: Dein neues Album heißt „The Future On Our Doorstep“ und läuft unter dem Namen Tim Sund Electrified. Eigentlich besteht die Besetzung aus drei Vierteln deiner Prog-Band Green Desert Tree … 

Sund: Genauer gesagt: ihrer ursprünglichen Besetzung. Der Drummer [Jonathan Gradmann; Anm.] stieg damals aus, weil er was ganz anderes machen wollte, aber er kehrte später wieder in den Hafen der Musik zurück. Der Bassist [Alex Will; Anm.] hatte dagegen so viel mit seiner anderen Band Make A Move zu tun, die in Berlin unglaublich bekannt ist und mit so etwas wie Vulfpeck vergleichbar ist. Daher kam für ihn Sascha Giebel, der zunächst nur als Bassist eingeplant war, sich aber mittlerweile zum Leadsänger gemausert hat und nebenbei ein bisschen Gitarre und Keyboards spielt – weswegen wir mittlerweile auch einen neuen Bassisten haben. Gitarrist Simon Rainer und ich sind noch die „Originalen“ bei Green Desert Tree. Wir sind aber alle miteinander befreundet, und beim Release-Konzert am letzten Freitag hat Simon Rainer die letzten drei Stücke mitgespielt. Zwischendurch war es jedenfalls so, dass ich, Alex Will und Jonathan Gradmann Bock hatten, wieder mal zusammen zu spielen, und es klang gleich so cool, dass wir sagten: „Das filmen wir jetzt mal!“ Diese Video-Serie entstand allerdings mit einem E-Drum-Set, und Jonathan meinte: „Jetzt könnten wir das Ganze aber mal mit einem richtigen Schlagzeug aufnehmen.“ So kamen wir auf die Idee, eine Platte einzuspielen. Ich muss sagen: Für mich als Keyboarder war das total befriedigend!

eclipsed: Ein Gitarrist würde da auch nur stören …

Sund: (lacht) Wenn noch ein Gitarrist dabei wäre, würde er viel Sound wegnehmen, aber so kann ich die ganze Palette ausfahren. „The Future On Our Doorstep“ ist wie ein instrumentales Emerson, Lake & Palmer-Album, und wir haben bewusst keinen Gesang dazugenommen. Jonathan und Alex sind dabei wahnsinnig gute Partner, denn ich kenne keine anderen Musiker, die so schnell kapieren, was ich meine. Wir brauchen nicht viele Proben, um komplizierte Sachen zusammenzubauen, und alle spielen es sofort auswendig. 

eclipsed: „The Future On Our Doorstep“ hat ja eine recht lange Entwicklung hinter sich, denn die Stücke wurden schon im Oktober 2020 aufgenommen. Doch dann hat sich alles wegen Problemen mit dem Presswerk verzögert.

Sund: Wir haben das Album eigentlich schon nach den Sommerferien 2021 ins Presswerk gegeben, also vor mehr als anderthalb Jahren. Das war schon sehr, sehr ärgerlich und hat uns komplett die Energie geraubt. (lacht) Die Presswerke sind zurzeit auch so drauf, dass sie keine Termine mehr nennen. Sie sagen einfach: „Ihr müsst halt so lange warten, wie es dauert, und zwei Tage vorher sagen wir euch dann Bescheid, dass wir euch die CDs jetzt liefern.“

Das komplette Interview ist Teil usneres Online-Abos, siehe https://www.eclipsed.de/de/abo

Lest mehr im aktuellen Heft ...