Waterboys-Chef Mike Scott ist das, was man eine echte Type nennt: ein unverwüstlicher Eigenbrötler, Idealist, Romantiker und Weltverbesserer. Einer, der sich nichts aus kommerziellem Erfolg macht, der alles tut, um nicht berechenbar zu sein. Aber auch einer, der große Entertainerqualitäten besitzt und hohes Ansehen unter seinen Kollegen genießt. Jetzt legt er sein 13. Bandalbum vor – und schwärmt von Bootlegs, Burg Herzberg und The Clash.
Mike Scott macht es seinen Fans nicht immer leicht, und zwar sehr bewusst. Auf seinem letzten Album „Out Of All This Blue“ experimentierte der gebürtige Schotte mit Loops, Beats bzw. Samples. Damit stieß er auf großes Unverständnis und erntete vernichtende Kritiken. „Kann sein, dass ich es ein bisschen übertrieben habe“, lacht er beim eclipsed-Interview in seiner Wahlheimat Dublin. „Aber das war eben völliges Neuland für mich, und ich hatte so viel Spaß damit, dass ich gar nicht gemerkt habe, dass da kaum Uptempo-Stücke am Start waren, und erst recht nicht genug Rock’n’Roll. Ich hätte mit einem Schlagzeuger arbeiten sollen, und das habe ich jetzt getan. Die neuen Songs sind genauso am Computer entstanden wie die letzten. Aber diesmal habe ich die Technik besser integriert.“
Spricht’s und grinst wie ein Honigkuchenpferd. Wohl wissend, dass er wieder einen kreativen Haken geschlagen, dem Ganzen einen ironischen Titel verpasst („Where The Action Is“ – nach Robert Parkers R&B-Hymne „Let’s Go Baby [Where The Action Is]“) und (erfolgreich) mit falschen Erwartungshaltungen gespielt hat. So, wie er es seit nunmehr vier Jahrzehnten tut, mal auf Bombastpop ("The Big Music"), mal auf traditionellen Folk setzt, mal mehr oder weniger erfolgreich ist, aber immer ein treues Publikum bedient.
Diese seine Fans sind genauso weltoffen und doch altmodisch wie er selbst: Der 60-Jährige wohnt mit seiner japanischen Ehefrau samt Baby in einem vornehmen Viertel der irischen Hauptstadt, schwört auf Bob Dylan, Lou Reed, die Stones und Patti Smith, befasst sich mit Literatur, kommentiert den soziopolitischen Zeitgeist, den Brexit und die Trump-Administration mit triefendem Zynismus, aber versucht doch, sich mit sozialen Medien und moderner Studiotechnik zu arrangieren. „Für jemanden, der die späten 60er mitgemacht hat – die Bürgerrechtsbewegung und die Studentenproteste –, muss die Gegenwart wie ein Weltuntergang sein“, sinniert er bei einer Tasse Earl Grey. „Nur dürfen wir uns von dem momentanen Lebensgefühl nicht runterziehen lassen. Wir müssen mit Optimismus und Leidenschaft dagegen angehen.“