Seit 1964, dem Jahr seines Entstehens, gilt „In C“ von Terry Riley als zentrales Werk der Minimal Music. In der Popszene erfreut sich die Komposition besonderer Beliebtheit. Ob Stereolab, Adrian Utley von Portishead oder Blur-Sänger Damon Albarn mit der Gruppe Africa Express - alle haben das Werk schon aufgeführt. Jetzt nahmen es The Young Gods in einer elektronischen Fassung auf. Bandleader und Elektroniker Franz Treichler und Drummer Bernard Trontin geben Auskunft.
eclipsed: „In C“ gilt als Schlüsselwerk der Minimalmusik. Weshalb haben die Young Gods das Stück aufgenommen?
Franz Treichler: Der Dirigent des Blasorchesters Landwehr unserer Heimatstadt Fribourg, Benedikt Hayoz, machte den Vorschlag. La Landwehr besteht seit 200 Jahren und ist in Fribourg eine Institution. In meiner Jugend war es die Kapelle, bei der ich auf keinen Fall Mitglied sein wollte. Sie verkörperte das Gegenteil der damaligen Hippiekultur. Hayoz kontaktierten uns mit der Idee für eine Zusammenarbeit. Anfangs war ich skeptisch, doch bei den Gesprächen schlug er „In C“ vor, was mich überraschte. Ich malte mir eine Aufführung mit 100 Bläsern und den Young Gods aus – und die Vorstellung reizte mich. Wir studierten dann das Stück mit dem Landwehr-Blasorchester ein und traten etliche Male damit auf. Es gefiel uns so gut, dass wir Lust bekamen, es als Powertrio aufzunehmen. Wir gingen dann ins Studio, wo wir ein halbes Dutzend Versionen „live“ aufzeichneten und dann die beste auswählten. Weil „In C“ eine offene Komposition ist, klingt sie jedes Mal anders.
eclipsed: „In C“ ist regelgeleitet, gewährt aber auch Freiheiten. Hatte die Band im Studio die Partitur vor sich?
Treichler: „In C“ ist vielleicht das erste Stück, das ein Element von Freiheit in die komponierte Musik einführt und gleichzeitig ohne Dirigenten auskommt. Jeder Musiker trifft seine eigenen Entscheidungen und wartet nicht auf die Direktiven eines Dirigenten. Selbstverständlich folgten wir der Partitur genau. Die Musik ist in 53 Module aufgeteilt, von denen einige aus nicht mehr als drei Tönen bestehen. Man hat die Wahl, mit welchem Modul man beginnt, doch muss man auf die anderen Beteiligten hören und darf nicht mehr als sechs Module von ihnen entfernt sein. Deshalb kling „In C“ immer anders. Es ist wie ein Tier, das sich bewegt, und genau das macht seine Schönheit aus.
eclipsed: Sie haben „In C“ elektronisch aufgenommen, nur das Schlagzeug ist akustisch. Welche Herausforderung stellt das Stück für den Drummer dar?
Bernard Trontin: Da das Stück kein Schlagzeug vorsieht, überlegte ich mir, wie die verschiedenen Module mit den Drums zu spielen sind. Es ging darum, eine Trommelsprache zu finden, die den Ansprüchen der Komposition entspricht. Ich übertrug also jedes Modul in ein ganz bestimmtes Schlagmuster, das ich dann während der Aufführung abrufen konnte. Darüber hinaus musste ich einen Weg finden, von einem Pattern zum anderen überzugehen, was Improvisation erfordert, weil das Stück ja keinem fixierten Schema folgt. Ich musste genau hinhören, was zwischen den beiden elektronischen Instrumenten passierte, um schnell darauf reagieren zu können.
eclipsed: Wie genau muss man das Stück kennen, um es zu meistern?
Treichler: Man muss damit wirklich vertraut sein. Wir spielten es Dutzende Male „live“, mehrmals mit dem Blasorchester Landwehr und viele Male mit einem Tanzensemble. Im Studio nahmen wir dann ein halbes Dutzend Versionen auf ...