Als der schmächtige, kränkliche Vincent Damon Furnier vor sieben Jahrzehnten in Detroit Rock City das Licht der Welt erblickte, hatten seine Eltern Mühe, das menschliche Küken am Leben zu erhalten. Sein Vater, ein evangelikaler Pastor, und seine Mutter zogen vom Industriemoloch Detroit nach Phoenix. Das trocken-heiße Klima in Arizona bekam ihrem jugendlichen Sohn sehr viel besser. Seine Konstitution festigte sich derart, dass er eine wildbewegte Karriere als Rockstar in den Siebzigerjahren überleben sollte. In Phoenix sind die Coopers auch heute zuhause. Der einst als Bühnenname ersonnene weibliche Allerweltsname Alice Cooper ist seit Beginn der Siebziger der amtlich eingetragene Name von Vincent Furnier. Somit heißen auch seine Frau und die drei Kinder Cooper und nicht Furnier.
Zwei Namen, ein Mann? Und Zappa!
Wann genau aus Furnier offiziell Cooper wurde, hat Alice mir in unseren verschiedenen Interviews seit den Achtzigerjahren immer wieder anders beantwortet. „Ich liebe das Verwirrspiel. Das ist Teil der Bühnenpersönlichkeit, Teil des Jobs. Du musst wissen, der Erste, der neben einigen Highschoolkumpels und frühen Fans auf uns aufmerksam wurde, war Frank Zappa. Frank liebte die Provokation und scheute nicht davor zurück, sich ironisch mit dem Business und der Rockmusik auseinanderzusetzen. Gleichzeitig war er ein penibler, detailverliebter Musikhandwerker. Und im gewissen Sinne ist es das, was aus Alice Cooper auch geworden ist. Als wir in den späten Sechzigerjahren im Zappa-Dunstkreis umhertollten, fühlten wir uns einerseits geehrt, dass er uns mochte, aber aus den falschen Gründen, wie wir dachten. Denn Zappa sah uns nicht als ernstzunehmende Rockband, eher als einen Comedyact.“
Diese Einschätzung trieb die Band Alice Cooper in die Arme von Bob Ezrin. Mit dem kanadischen Produzenten entwickelte Furnier die Bühnenfigur Alice Cooper. Die Band wurde mit Alben wie „Killer“, „School’s Out“ oder „Billion Dollar Babies“ und etlichen Singlehits zu einem der erfolgreichsten Rockacts der frühen Siebziger. „Als ich 2012 bei der Zappanale auftrat, war das ein merkwürdiges Gefühl. Wir spielten zwar unseren gewohnten Set, aber im Unterbewusstsein war ich da auf der Bühne vielleicht so nah an Vincent wie nie in den letzten Jahrzehnten.“
Bob, der Baumeister
Seit „Love It To Death“, aufgenommen im Dezember 1970, ist Ezrin mitentscheidend für alles, was Alice Cooper angeht und ausmacht. „Wenn ich betone, dass es faktisch keinen Schritt gibt, den Alice getan hat, ohne dass Bob sein OK dazu gegeben hat, klingt das zunächst einmal merkwürdig, aber es geht gar nicht anders. Er und ich erschufen Alice Cooper, wie wir das Geschöpf jetzt kennen. Der Bühnencharakter Alice Cooper hat Teile meiner Persönlichkeit, er ist aber nicht identisch mit mir. Die Übereinstimmungen mit mir als Privatperson beruhen in erster Linie darauf, dass ich als Person bestimmte musikalische, gesangliche und physische Dinge mit einbringe, über die Alice nicht hinausgehen kann. Ganz einfach, weil ich sie nicht darstellen könnte.“
In den Neunzigern kokettierte Cooper damit, dass er sich als Person selbst in den Ruhestand versetzen könne und jemand anderes oder auch mehrere andere Alice Cooper weiter spielen könnten. „Grundsätzlich traue ich es Bob zu, dass er mit einer anderen Person einen neuen Alice Cooper erschafft. Aber ich fühle mich so fit wie selten zuvor, und es gibt aus physischen Erwägungen keinen Grund, den Job einem anderen zu überlassen.“