Es ist ein triumphales Comeback, das Neil Young mit seiner Band Crazy Horse und dem neuen gemeinsamen Album „Colorado” feiert. Alles ist anders, und doch bleibt alles irgendwie beim Alten. Was wollen wir mehr?!
50 Jahre ist es her, dass Neil Young, zuvor gefeierter Sänger und Gitarrist der Hippie-Truppe Buffalo Springfield, mit der Trash-Band Crazy Horse eine völlig neue Musikauffassung begründete. Auf der Schaumkrone des Virtuositätswahns ging es ihm einfach nur um Energie. Die Partnerschaft von Young und der Band weist sicher einige löchrige Stellen auf, und doch gibt es nur wenige Projekte, in denen der alte Poet so überzeugend ist wie mit Crazy Horse.
Was würde Neil Young wohl tun, wenn er heute noch einmal Gelegenheit hätte, seine Laufbahn von vorn zu beginnen? Würde er denselben Weg ein zweites Mal beschreiten? Das ist kaum vorstellbar, weil sich die musikalische und politische Topografie seit den 1960er Jahren komplett verändert hat. Es ist fraglich, ob die aktuelle Szene so kernige und kantige Typen wie Neil Young und Bob Dylan überhaupt noch hervorbringen würde. Künstler, die keine Angst haben zu polarisieren, sich lieber einmal zu oft verrennen, als mit ihren Idealen hinter dem Berg zu halten, vor allem aber Musiker, die sich über ihre Lieder wie auch über ihre Klientel hinaus Gehör zu verschaffen wissen.
Einer der Songs auf „Colorado“ trägt den Titel „Rainbow Of Colors“. Der Regenbogen ist ein beliebtes Symbol dieser Tage, um kulturelle und sexuelle Vielfalt zu postulieren. Auf Neil Young bezogen könnte der Regenbogen auch ein Sinnbild für seine häufigen Farbwechsel sein, und das nicht nur im künstlerischen, sondern auch im politischen Sinne. Kein anderer namhafter Künstler hat einen derart verheerenden Slalom zwischen Rechts und Links hingelegt wie der Mann auf der Suche nach dem Herzen aus Gold. Dass er zu den vehementesten Gegnern der Politik Richard Nixons gehörte, hinderte ihn nicht daran, den Wahlkampf Ronald Reagans zu unterstützen und sich auf die Seite von George W. Bush zu schlagen. Letzteren wollte er allerdings auch mit „Let’s Impeach The President“ aus dem Amt jagen. Im letzten Wahlkampf der USA unterstützte er Linksaußen Bernie Sanders, erlaubte aber Donald Trump, dem Künstler von Eminem über die Rolling Stones bis zu R.E.M. einen Korb gegeben hatten, seinen Song „Rockin’ In The Free World“ zu benutzen. Seit mehr als einem halben Jahrhundert fordert er Menschlichkeit ein, gegenüber seiner zweiten Ehefrau und Mutter seiner Kinder, Pegi, verhielt er sich aber in dieser Hinsicht alles andere als mustergültig, als er sie nach 36 Jahren verließ.