Seit mehr als einer Dekade sorgen The Dead Daisies auf den Bühnen dieser Welt für brettharten Sound und unvergessliche Rock’n’Roll-Momente. Nun haben sie den Blues bekommen.
Zur Verwirklichung ihres Traums zog die in Sydney gegründete Band ins Rockmekka Los Angeles. Im Rahmen der Arbeiten an ihrem 2024 erschienen Album „Light ‘Em Up“ begab sie sich nach Muscle Shoals in Alabama, um einige Stücke in den dortigen, sagenumwobenen FAME Studios einzuspielen. Mit Frontmann John Corabi sprachen wir darüber, wie dabei während einiger spontaner Jamsessions in mehreren Nachtschichten „Lookin’ For Trouble“, das erste Bluesalbum der Band, Gestalt annahm.
eclipsed: Mit dem neuen Album „Lookin’ For Trouble“ habt ihr nicht nur eure Fangemeinde sehr überrascht. Wie kamt ihr auf die Idee, ein Album aufzunehmen, auf dem ihr euch voll und ganz dem Blues widmet?
John Corabi: Unser Bluesalbum ist mehr oder weniger einem glücklichen Zufall zu verdanken. Während der Vorarbeit zum Album „Light ‘Em Up“ saßen wir alle nach einem langen Tag am Abend zusammen; einer von uns hatte zuvor im TV eine Dokumentation über Muscle Shoals in Alabama gesehen. In dem Film geht es um die magische Atmosphäre des Ortes, aber auch um die heute legendären, viel-gepriesenen Aufnahmen, die in den dortigen FAME Studios ab Anfang der 1960er-Jahre entstanden. Irgendjemand aus der Band fragte spontan: „Warum gehen wir nicht nach Muscle Shoals und gucken, ob die Magie dort noch zu finden ist?“
eclipsed: Muscle Shoals gilt heute vielen als Wiege der Blues- und Soulmusik. Otis Redding, Solomon Burke, Wilson Pickett und Aretha Franklin haben dort aufgenommen. Letztere sagte später, ohne ihre Zeit dort hätte sie schwerlich ihren Durchbruch zur Queen of Soul geschafft. Was denkst du darüber?
Corabi: Ich habe mich mittlerweile gründlich mit der Geschichte der Studios beschäftigt und sehr viel recherchiert. Eine Besonderheit war, dass es dort keine Vorurteile gab: Schwarze und weiße Musiker arbeiteten Seite an Seite, Hand in Hand, Diskriminierungen, wie damals andernorts üblich, gab es nicht. Später entstanden dort wichtige Aufnahmen der Rolling Stones und der Allman-Brüder, auch Jimmy Cliff und Steve Winwood gingen dorthin. [Die beiden Allman-Brüder nutzten 1968 mit ihrer Band Hour Glass die FAME Studios, alle anderen Genannten später das Muscle Shoals Sound Studio in Sheffield, Anm.] Es sind dort viele Songs entstanden und aufgenommen worden, die noch immer den Test der Zeit bestehen. Sie bestechen nach wie vor durch einen unverwechselbaren Sound und einen ganz besonderen Groove.
eclipsed: Und wie lief es mit den Dead Daisies in den FAME Studios?
Corabi: Nachdem wir unseren Manager überredet hatten, uns für einige Tage in den Studios in Muscle Shoals einzumieten, spielten wir einen Teil der Songs des Vorgängeralbums dort ein. Das Studio inspirierte und kratzte uns so auf, dass wir bis in die späten Nachtstunden hinein nicht aufhören wollten. Während dieser nächtlichen Jamsessions überlegten wir uns, welche Bluessongs wir gemeinsam spielen sollten. Jeder machte den einen oder anderen Vorschlag. Anfangs war das Musizieren reiner Spaß, aber schließlich sagte unser Produzent Marti [Frederiksen]: „Das klingt super! Kommt, lasst es uns aufnehmen!“ Am Ende wählten wir zwölf Songs aus, die wohl jeder schon mal gehört hat, aber wir wollten unser eigenes Ding daraus machen. Letztlich waren wir mit zehn Stücken zufrieden. Tatsächlich haben wir auf diese Weise zwei Alben in einem Monat fertig bekommen. Aus einer spontanen Sache entstand unser erstes Bluesalbum!