Der Anfang ist hier zugleich das Ende, und somit beginnt alles wieder von vorn. Für die Verhältnisse der New Yorker Noise- und Avantgarde-Rock-Institution klingt das neue Mammutwerk „Birthing“ fast versöhnlich. Zwar enthält es die langen Exkurse, die man von den Swans kennt, doch Gira umklammert seine Hörer nicht länger in Tunneln aus Noise, sondern scheint eher noch tiefer in sich selbst zu gehen. In gewisser Weise wirkt das ganze Doppelalbum wie ein Gebet. „Ich habe kürzlich realisiert, dass mein gesamter musikalischer Output ein langes Gebet war“, bestätigt der Oberschwan, „oder ein Flehen an Gott. Ich hoffe, dass der letzte Atemzug, den ich dereinst ausstoßen werde, dieselbe Qualität haben wird.“ So durchzieht „Birthing“ auch ein Hauch von Erlösung. Gira wirft sich nicht mehr zum Hohepriester auf, wie man es von ihm gewohnt ist, sondern scheint seine Rolle eher als Übermittler der Worte einer Stimme gefunden zu haben, die er aus einer anderen Dimension vernimmt.
Im Hinblick auf die frühen Alben der Swans schließt sich hier ein Kreis, um sofort wieder einen neuen Zirkel zu eröffnen. „Geburt umfasst auch immer den Tod, auf dieser Platte und anderswo“, sinniert Gira. „Aber die Tore stehen immer für neue Musik offen. Ich schaue nach vorn, um neue Wege der Arbeit zu finden. Ich weiß, dass meine nächste Aktivität aus dem hervorgehen wird, was zuvor passiert ist. So war und ist es immer. Ich werde mitnehmen, was für die Zukunft vielversprechend ist, und den Rest verwerfen. Genau genommen war die ganze Laufbahn der Swans ein langer Bearbeitungsprozess.“ Der Entstehungsprozess ist bei Michael Gira stets kathartisch. Das Grundmaterial des neuen Doppeldeckers, so ist zu lesen, entstand auf einer ausgedehnten Konzerttour. Man improvisierte und hielt die Improvisationen fest, um sie dann zu verändern und in Songs zu verwandeln. In gewisser Weise ist „Birthing“ deshalb Livealbum und Improvisationsorgie und zugleich nichts von beidem.