ELP - 50 Jahre „Brain Salad Surgery“

15. Juni 2023

Emerson Lake & Palmer ELP

ELP - 50 Jahre „Brain Salad Surgery“

ELP waren so größenwahnsinnig wie revolutionär. Ihr viertes Studiowerk zählt zu den ganz großen Prog-Alben. Nicht nur musikalisch erreichten sie damit ihren Höhepunkt – mit visionärem Konzept und Artwork schufen sie ein wahres Gesamtkunstwerk. Zugleich zeigten sie all ihren Kritikern mit dem kryptischen Albumtitel „Brain Salad Surgery“ – einer Umschreibung für eine Variante des oralen Geschlechtsverkehrs – in verklausulierter Weise den Prog-Stinkefinger. Wir beleuchten die Entstehung des Werks und seiner Stücke, entblättern das unheimliche Giger-Artwork, ordnen das Album gemeinsam mit berühmten Musikerkollegen wie Rick Wakeman musikhistorisch ein und werfen einen besonderen Blick auf die Spieltechnik des herausragenden Keyboarders Keith Emerson. Abgerundet wird das Ganze durch ein historisches Interview mit Greg Lake im Heft. 
 
LP waren die erste wahre Supergroup des in den frühen 70ern zur Blüte reifenden Progressive Rock. Alle drei Musiker waren zuvor bereits bei anderen bekannten Rockbands gewesen: der am 10. März 2016 verstorbene Keith Emerson bei The Nice, der am 7. Dezember desselben Jahres verschiedene Greg Lake bei King Crimson, Carl Palmer bei The Crazy World Of Arthur Brown und Atomic Rooster. (Aufgrund einer Herz-OP stand Palmer für ein Interview leider nicht zur Verfügung, wird aber im Juli mit einer speziellen ELP-Show auf US-Tour gehen.) Ihr gleichnamiges Debütalbum von 1970 war ein heftiges Amalgam aus Klassik, Jazz und Rock. Bereits bei ihrem zweiten Livegig auf dem Isle Of Wight Festival schossen sie buchstäblich aus allen Kanonenrohren. Auf „Pictures At An Exhibition“ präsentierten sie 1971 – für die damalige Zeit ein Frevel – eine live aufgeführte eigene Version des klassischen Klavierzyklus von Modest Mussorgski und schufen im selben Jahr mit „Tarkus“ eines der allerersten LP-seiten-langen Prog-Epen.
 
Vorgeschichte: Labelgründung und Liveansatz

Nach der Veröffentlichung von „Trilogy“ (1972) war die Band unzufrieden mit ihrer US-amerikanischen Plattenfirma Atlantic Records. So beschloss sie im März 1973, ihr eigenes Label Manticore zu gründen. Als dessen Logo diente das persische Fabelwesen Mantikor, das erstmals auf dem Cover von „Tarkus“ als Gegenspieler jenes selbst-kreierten Mischwesens aus Panzer und Gürteltier abgebildet worden war. Nach dem etwas songorientierteren, aber stark Overdublastigen „Trilogy“ wollte man auf dem eigenen Label nun ein Album produzieren, das auch live gut umzusetzen sein würde, denn die eingesetzte Multitracktechnik stellte das Trio diesbezüglich vor riesige Herausforderungen. Lake dazu: „Das Material auf ‚Brain Salad Surgery‘ wurde komplett geschrieben, bevor wir ins Studio gingen. Als Versuch, das Problem zu überwinden, Material aufzunehmen und dann die Musik auf der Bühne neu erschaffen zu müssen, schrieben und probten wir alle Musik, die auf dem Album landete, als eine Liveshow, bevor wir irgendetwas aufnahmen, und ich denke, als Resultat davon kamen wir mit sehr starkem Material an.“ Um unter Livebedingungen zu proben, mieteten sie ein verlassenes Kino in London. Dabei stand ihr bisheriger Mann für den Ton, Eddy Offord, nicht zur Verfügung, da er zur gleichen Zeit mit „Tales From Topographic Oceans“ von Yes alle Hände voll zu tun hatte. Aufgenommen wurde dann zunächst in den Olympic Studios mit Toningenieur Chris Kimsey, danach vor allem in den Advision Studios mit Geoff Young. Die Rolle des Produzenten übernahm wie schon bei den vorherigen Alben Greg Lake.

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