THE FLOWER KINGS - Im Namen der Demokratie

5. September 2023

The Flower Kings Roine Stolt

THE FLOWER KINGS - Im Namen der Demokratie

Seit sich die Flower Kings im Jahr 2018 reformierten, sind die schwedischen Vorzeige-Progger wieder schwer aktiv. Nach „Waiting For Miracles“, „Islands“ und „By Royal Decree“ präsentieren Bandboss Roine Stolt und seine Mannen mit „Look At You Now“ das vierte Album innerhalb von nur vier Jahren. Dieses bietet die gewohnte Mischung aus hochmelodiösen Retro-Prog-Songs, die auch mal verspielt oder jazzrockig daherkommen. An Ideen scheint es der Band jedenfalls nicht zu mangeln, wobei Roine Stolt wie immer die Zügel in der Hand hält, aber auch gerne das Urteil seiner Bandkollegen akzeptiert, wenn diese einen Song für besonders gelungen halten. 

Wir erreichen Roine Stolt in seinem Studio in Uppsala, wo er altes Ton- und Filmmaterial von den Flower Kings, Transatlantic und The Sea Within ordnet, das auf verschiedene Festplatten verteilt war. „Ich habe gerade ein bisschen Zeit, und deshalb mache ich verrückte Sachen“, lacht Stolt: „Ich streiche mein Studio neu, mache sauber und fördere alte Amps zutage.“ Die große Aufräumaktion begann bereits während der Arbeit an den Remaster-Versionen der alten Flower-Kings-Alben (zuletzt „The Sum Of No Evil“), wobei Stolt positiv überrascht war, dass die Original-Ausgaben trotz des geringen Budgets schon ziemlich gut klangen. In den letzten Monaten fand der 67-jährige Schwede außerdem Zeit, um ein neues Studiowerk mit seinen „Blumenkönigen“ aufzunehmen, das im Mittelpunkt unseres Gesprächs steht. 

eclipsed: Da Transatlantic derzeit pausieren, scheinst du wieder mehr Zeit gehabt zu haben, um dich voll auf die Flower Kings zu konzentrieren. 

Roine Stolt: Nun, das ist nur natürlich. Immer wenn du zwei Projekte gleichzeitig hast, bleibt weniger Zeit für beide, z.B. als ich zur selben Zeit mit Kaipa und den Flower Kings arbeitete. In gewisser Weise ist das aber auch meine Entscheidung. Als wir 2018 die Flower Kings reaktivierten, um noch eine Weile weiterzumachen, wusste ich, dass ich mich darauf etwas mehr fokussieren musste. Ich war ja auch mal ein Jahr mit Steve Hackett auf Tour, und das war toll, aber ich konnte mir nicht vorstellen, das ewig weiterzumachen. Und was Transatlantic angeht, so habe ich das Gefühl, dass das Ganze abgeschlossen ist und wir mit dem Auftritt im berühmten L’Olympia in Paris auf dem Höhepunkt aufgehört haben. Ich habe jahrelang sehr hart gearbeitet und bin jetzt in einem Alter, wo ich an meine Grenzen stoße – ob du’s glaubst oder nicht! (lacht) 

eclipsed: Hätte einiges von dem neuen Flower-Kings-Material auch auf dem letzten Transatlantic-Album auftauchen können? Oder wurden die 13 Songs speziell für „Look At You Now“ geschrieben? 

Stolt: Einige Stücke habe ich tatsächlich Transatlantic vorgestellt, aber ich kam damit nicht durch. Bei Transatlantic stimmen vier Leute darüber ab, welche Songs man nimmt, und dabei pushen manche mehr und andere weniger. (lacht) Auf dem aktuellen Flower-Kings-Album gibt es Songs, die letzten Sommer entstanden, aber auch ältere Songs, die vor drei Jahren für Transatlantic gedacht waren; und dann gibt es noch Songs, von denen viele Parts noch vor dem ersten Flower-Kings-Album geschrieben wurden, z.B. „Beginners Eyes“. Als ich diesen Song Hasse Fröberg und meinem Bruder Michael vorspielte, waren sie total begeistert und sagten: „Großartig! Den müssen wir als Opener nehmen!“ Das wollte ich eigentlich gar nicht, aber die Leute von unserer Plattenfirma sahen das genauso. Also habe ich mich im Namen der Demokratie herausgehalten. (lächelt)

eclipsed: Ihr habt euch dieses Mal auf kürzere Songs konzentriert. Lediglich am Ende gibt es einen 11-Minuten-Track. 

Stolt: Das stimmt. Andererseits waren ältere Songs wie „I Am The Sun“ oder „Stardust We Are“ eigentlich keine konsistenten Stücke, sondern bestanden aus vielen Teilen, die zusammengeflickt wurden. Bei unserem neuen Alben war es dagegen so, dass wir darauf verzichtet haben, die Einzelteile zusammenzuflicken, nur um einen langen Song zu kreieren. Viel wichtiger sind tolle Melodien und aufregende Instrumentalpassagen. Bestimmte Themen tauchen auch in unterschiedlichen Songs auf, manchmal absichtlich, manchmal unabsichtlich. 

eclipsed: Für die Aufnahmen seid ihr erneut in die Fenixrecording Studios in Varnhem gegangen, wo auch schon „Desolation Rose“ (2013) und „By Royal Decree“ (2022) sowie das Anderson/Stolt-Album „Invention Of Knowledge“ (2016) und das letzte Transatlantic-Werk „The Absolute Universe“ entstanden sind. Warum arbeitest du so gerne dort? 

Stolt: Uns gefiel es dort immer, weil der Besitzer, Lars Hallbäck, ein netter Typ ist. Er war vor langer Zeit mal in einer Rockband und wurde so reich, dass er sein eigenes Studio kaufte, das in puncto Equipment eines der besten in Schweden ist. Der Aufnahmeraum ist sehr schön, und das Schlagzeug klingt dort großartig. Im Studio stehen eine Hammond-Orgel, ein Fender Rhodes und ein Yamaha-Flügel mit MIDI-System, das es einem ermöglicht, nachträglich falsche Töne zu korrigieren. Abgesehen davon sind in dem Studio auch viele supercoole alte und neue Mikrofone vorhanden sowie das letzte Mischpult, das von der Firma Neve gebaut wurde und sehr begehrt ist, weil es so gut wie kein anderes klingt. Als wir unser letztes Album aufnahmen, fragte Lasse: „Möchtet ihr euer Album bei mir aufnehmen, damit ich dieses Mischpult testen kann?“ Kurz gesagt: Lasse ist sehr großzügig, und deshalb sind wir wieder zu ihm gegangen. 

eclipsed: In unserem letzten Interview hast du gesagt, dass du deine Bandkollegen immer ermutigst, sich beim Songwriting einzubringen, dass es letztlich aber an dir hängenbleibt, den Großteil des Materials zu schreiben. Gilt das auch für „Look At You Now“? 

Stolt: Vielleicht ist es leichter, wenn ich sage, welche Songs ich nicht geschrieben habe! (lacht) Mirko DeMaio hat „Dr. Ribedeaux“ beigetragen, mit ein bisschen Hilfe von mir. Mein Bruder Michael schrieb „For The Sky“ und „Mother Earth“ – und der Rest ist von mir. 

eclipsed: Mir scheint es, als hättest du dieses Mal mehr Gitarrensoli gespielt. 

Stolt: Das ist durchaus möglich. Oft bin ich mehr auf die Produktion fokussiert und nicht so sehr auf meine Rolle als Gitarrist. Ich bin nicht der Typ, der in den Jahrespolls der besten Gitarristen auftaucht, und habe mich eine Zeitlang eher als Komponist gesehen, der halt ab und zu ein Solo spielt. Dieses Mal wollte ich aber mein Gitarrenspiel wieder mehr in den Vordergrund stellen, weil es ein wichtiger Bestandteil des Flower-Kings-Sounds ist. 

eclipsed: In eurem Line-up hat es eine kleine Veränderung gegeben, da euer amerikanischer Keyboarder Zach Kamins nicht mehr Teil der Band ist. Angeblich waren die Flugkosten zu teuer und die Visum-Formalitäten zu kompliziert. Kannst du das bestätigen? 

Stolt: Sagen wir’s mal so: Die Kosten waren hoch, aber nicht für ihn, sondern für mich! (lacht) Manchmal hatte er drei oder vier Taschen dabei, zwei große Keyboards und einen riesigen Koffer. Die Hauptproblematik war aber, dass alles so unglaublich teuer wurde: Nach Corona schossen die Flugpreise in die Höhe, und auch die Hotelkosten stiegen. Drei Tage zu proben war nicht leicht für uns – und das Ganze kostete mich ca. 3.000 Dollar. Dieses Problem war schon eine ganze Weile offensichtlich, aber ich versuchte es zu verdrängen, bis ich die Rechnungen sah und sagte: „Das ist verrückt! So können wir nicht weitermachen.“ Ich sprach also mit Zach, und er hatte Verständnis dafür ...

Das komplette Interview ist Teil unseres Online-Abos, siehe https://www.eclipsed.de/de/abo