Seit 2016 belebt das Quartett die österreichische und internationale Stoner-Szene. „Wir sind beeinflusst von Musik und Bands aus den 60er Jahren, Metalbands der 70er und natürlich Stoner-Bands aus den 90ern wie Kyuss. Die wollen wir aber keinesfalls kopieren“, erklärt Thomas Gulyas. Der Sänger und Gitarrist der Band, der gemeinsam mit Gitarrist Andreas Lechner zuvor bereits in einer Blues-Band musizierte („Das verdränge ich lieber“, meint er heute schmunzelnd) und von sich sagt, er sei „zum Gesang gekommen wie die Jungfrau zum Kinde“, nennt außerdem Iggy and The Stooges, Black Sabbath, The Doors und Jimi Hendrix als wichtige musikalische Impulse.
eclipsed: Erzählt doch etwas zur Bandgeschichte.
Thomas Gulyas: Uns gibt es seit 2016, in der jetzigen Besetzung mit meinem Bruder Klaus am Schlagzeug, Peter Leitner am Bass, Andreas Lechner an der Gitarre und mir seit 2020. Wir waren recht gut unterwegs, dann kam die Pandemie. Ich würde sagen: Wir haben uns in dieser Zeit neu erfunden. Dass es Richtung Stoner Rock gehen sollte, war aber klar. Wir fühlen uns der Stoner-Szene zugehörig.
eclipsed: Wie kamst du zum Gesang?
Gulyas: Ich habe mit Andy früher mal in einer Blues-Band gespielt und da auch erste Gesangsversuche gestartet. Für Great Rift fanden wir zunächst keinen passenden Sänger. Ich versuchte es. Mittlerweile bin ich froh darüber, ich singe richtig gern.
Lechner: Ich kam 2020 zur Band. Witzige Nebengeschichte: Mit Klaus, Thomas’ Bruder, habe ich in meiner allerersten Band gespielt. Das ist sehr lange her. Wir drei kommen aus derselben Region, dem Südburgenland, und kennen uns schon ewig. Meine musikalischen Einflüsse sehe ich im Punkrock und Metal, dann klassischen 70s-Rock wie Hendrix und Led Zeppelin. 60s-Folk wie Jake Holmes. Dazu kam Krautrock, Amon Düül. Mit 19 habe ich beschlossen, die professionelle Musikerlaufbahn einzuschlagen, und studierte in Wien Jazz-Gitarre. Ich bin eine richtige Jazz-Grille geworden, in Österreich kannst du nur Klassik oder Jazz machen. Damit hat sich für mich auch ein Kreis geschlossen, viele meiner Helden kommen aus dem Jazz, John Coltrane, Miles Davis, Thelonious Monk. Darauf steh ich irrsinnig. Ich habe davon einige Einflüsse in die Band eingebracht, glaub ich, zum Beispiel wird bei Liveauftritten viel auf Improvisation aufgebaut.
eclipsed: Gebt doch mal einen Einblick in eure Song-Werkstatt.
Lechner: Der Prozess ist relativ interaktiv. Wir proben sehr regelmäßig, treffen uns im Proberaum, starten meist mit einem Riff. Jemand bringt eine Idee mit, und die arbeiten wir miteinander aus. Es wird dann immer feiner, ist fast so, als ob man die Idee unterm Mikroskop betrachtet und schaut: Welche Teile sind da, welche funktionieren gut. Wir nehmen alles auf, es gibt relativ viele Mitschnitte unserer Proben. Es wird gejammt und improvisiert.
Gulyas: Wir jammen uns zum Endergebnis hin, der Songwriting-Prozess ist eine Mischung aus Struktur und jammen.
Lechner: Wir sind alle sehr oldschool: So ein Song soll ein kollektives Ding sein. Es braucht die Zeit, Willen und Mut zur Improvisation, dass man auf einer Idee rumkaut. Daraus ergeben sich manchmal total coole Sachen, und du kommst von einer fixen Idee wieder weg. Das ist das eigentlich Schöne, das Gemeinsame, Kollektive. In einer Band zu spielen macht für mich aus, dass jeder seine eigenen Zutaten hinzufügt. Das ist das Spannende dran. Dann gibt es verschiedene Stufen, die ein Song durchläuft. Manchmal ist es easy, manchmal ist allen sofort klar, was man macht, das ist der Idealfall, der ist aber eher selten, meistens muss man sich richtig mit der Machete einen Weg hauen im positiven Sinne. Steht das Gerüst, wird das Ganze aufgedröselt, die Grooves werden verfeinert, das Zusammenspiel von Bass und Schlagzeug. Thomas und ich teilen uns die Gitarren-Parts sinnstiftend auf. Im Studio passiert dann der Feinschliff, da geht es sehr viel um Sound, da kommen dann die Experimente nach dem Motto: „Jetzt hab ich so eine Idee, die könnte den Song in eine andere Richtung bringen.“ Ich zum Beispiel schnappe mir gern Effekte, die da vielleicht so rumliegen, das ist wie eine Spielwiese. Unser Produzent Hannes Motti bringt auch schon mal Sachen mit, von denen er meint, das sie gut zu unserem Sound passen, alte Röhrenvorverstärker aus den 70ern, Equipment, das schon Pink Floyd verwendet haben. Er gibt gute Inputs, kennt uns gut. Es herrscht ein gegenseitiges Vertrauen, sodass man auch experimentieren kann.
eclipsed: Was für ein Konzept steckt hinter dem neuen Album „Transient“?
Gulyas: Für mich persönlich fühlt sich „Transient“ im Nachhinein betrachtet wie die Fortsetzung von „Utopia“ an. Da ging es um eine Reise zum gleichnamigen Planeten. „Transient“ ist wie eine zusammengehörende Geschichte von Ereignissen und Momenten, die uns in den vergangenen zwei, drei Jahren beschäftigt und berührt haben. Ich schwanke in meinen Texten meist zwischen Metaphern und Geschichten, bediene mich aus der Mythologie und verpacke das in aktuelle Themen. Das Album fängt an mit den „Seven Sisters“, das ist ein Sternenbild, die Plejaden, gefolgt von „Gargantua“, das steht für etwas Böses, Bedrohliches. Bei „Lost Gravity“ geht es darum, nicht genau zu wissen, wohin, man verliert den Halt, verliert sich im Leben. „Schall & Rauch“ ist die instrumentale Erklärung: Es bedeutet eh alles nichts, alles ist relativ. „When Time Stood Still“ gibt es schon lange, das haben wir in der Corona-Zeit gemacht, im Lockdown. Mittlerweile steht er eher für ein Erlebnis, das man im Leben immer wieder hat, man muss sich neu erfinden, neu anfangen, geht das Leben neu an. „Flight HT360“ beschreibt einen Drogenrausch. „The Gateway“ bedeutet: Man fängt mit dem Leben neu an. Das ist grob beschrieben die Reise, das Konzept.
Lechner: Retrospektiv gesehen sind die Songs nie fertig, sind wie Lebewesen, die sich immer wieder verändern. Auch wenn sie ein paar Jahre alt sind, tauchen sie immer wieder für einen selbst in so einem neuen Gewand auf. Für mich ist das unendlich spannend, was beim Musikmachen passiert, wie Magie. Das finde ich total schön.
Das gesamte Interview ist Teil des Online-Abos, siehe www.eclipsed.de/de/abo