Am 2. November hätte ELP-Keyboarder Keith Emerson seinen 75. Geburtstag gefeiert. Für viele Progrock-Fans gilt der Brite, der am 11. März 2016 seinem Leben ein Ende setzte, als spieltechnisch brillantester Vertreter seiner Zunft. Doch Emerson setzte auch noch in anderen Bereichen Maßstäbe: als Showman der Extraklasse, als bahnbrechender Komponist und als genialer Vermittler zwischen Klassik und Rock. Von Kritikern wurde er gerne der Gigantomanie bezichtigt, während seine künstlerischen Leistungen unter den Tisch gekehrt wurden. Daher ist es an der Zeit, die Verdienste dieses großartigen Musikers nochmals angemessen zu würdigen.
„Es ist mir egal, für wen ich spiele – Hauptsache, er hat beim Zuhören Spaß“, sagte Keith Emerson einmal. Dieses Zitat spiegelt ein Selbstverständnis wieder, das bei allen seinen musikalischen Unternehmungen (The Nice, ELP, Soloprojekte) im Vordergrund stand. Dass er sich bereits in jungen Jahren mit verschiedenen Stilen (Jazz, Klassik, Boogie-Woogie, Rock ’n’ Roll und Country) auseinandergesetzt hatte, kam ihm nach Intermezzi bei Gary Farr & The T-Bones, The V.I.P.’s und P. P. Arnold bald zugute: Schon zu Zeiten von The Nice (1967–70) bewies Emerson sein Talent als Innovator im Spannungsfeld zwischen Klassik und Rock, indem er Kompositionen von Johann Sebastian Bach, Jean Sibelius und Peter Iljitsch Tschaikowski neu bearbeitete. Auch bei ELP liebäugelte er mit der klassischen Musik: So griff er Stücke von Béla Bartók, Aaron Copland, Alberto Ginastera und Modest Mussorgski auf und weckte damit bei einem Millionenpublikum das Interesse, die Originale zu entdecken.
Auch hinsichtlich seiner Instrumente war Emerson stets am Puls der Zeit: Ab 1970 trug er zur Popularisierung des Moog-Synthesizers bei, dem er im ELP-Hit „Lucky Man“ ein Denkmal setzte und den er trotz seiner Unhandlichkeit auch live einsetzte. Mitte der 70er verwendete er außerdem den 3-manualigen polyphonen Yamaha-GX-1-Synthesizer, und um 1980 begann eine langjährige Zusammenarbeit mit der japanischen Firma Korg, die bei der Entwicklung neuer Instrumente gern Emersons Feedback einholte.