MARILLION - „Ich war fast schockiert, wie sehr sich meine Stimme verändert hat“

16. April 2020

Marillion

MARILLION - „Ich war fast schockiert, wie sehr sich meine Stimme verändert hat“

Marillions Album „Script For A Jester’s Tear“ schlug 1983 ein neues Kapitel der Musikgeschichte auf: Der erste Longplayer der Gruppe um den charismatischen Sänger Fish setzte den damals bereits für tot erklärten Progressive Rock in Form des Neoprog wieder auf die musikalische Landkarte. Anlässlich der Wiederveröffentlichung als umfangreiches Boxset nahm sich der ehemalige Marillion-Frontmann die Zeit für ein Interview.

Die Karriere von Derek William Dick alias Fish befindet sich auf der Zielgeraden. Nach über 40 Jahren im Musikbusiness, davon fast acht mit seiner einstigen Band Marillion und 32 als Solokünstler, wird er – so jedenfalls der Plan – Ende 2021 mit 62 Jahren in den musikalischen Ruhestand gehen. Zuvor begibt er sich mit seinem in diesem Jahr erscheinenden Album „Weltschmerz“ auf eine Abschiedstour, die bis 2021 dauern soll. Mit eclipsed sprach er über seinen heutigen Blick auf jenen ersten musikalischen Meilenstein, mit dem seine Karriere einst ins Rollen kam. 

eclipsed: Wie sehr warst du involviert bei dieser Wiederveröffentlichung von „Script“ als Boxset?

Fish: Nicht allzu sehr. Es sind halt alle damaligen Bandmitglieder kontaktiert worden, um ihren Beitrag zu leisten. Gleichwohl finde ich das Ergebnis richtig gut: Es klingt frisch und kaschiert vielleicht die eine oder andere Schwäche, die das Album im Original hatte.

eclipsed: Wann hattest du vor der Wiederveröffentlichung „Script“ das letzte Mal gehört? Findest du, dass das Album den Test der Zeit bestanden hat?

Fish: Ich hatte es lange nicht gehört, und das ist für mich auch nicht leicht zu beurteilen, da ich als unmittelbar Beteiligter nicht wirklich objektiv sein kann. Allerdings gibt es vielleicht nur ein, zwei blöde Songs auf dem Album, der Rest ist erstaunlich gut. Okay, ich denke, das Album ist nicht zeitlos, man hört ihm an, dass es in den frühen 80ern entstanden ist, in diesem Sinne klingt es veraltet, aber das heißt nicht, dass es schlecht ist.

eclipsed: Was ist das für ein Gefühl für einen Sänger, mit einem Album konfrontiert zu werden, das man vor knapp vier Jahrzehnten aufgenommen hat?

Fish: Als ich das Album wieder gehört habe, war ich zunächst einmal fast schockiert, wie sehr sich meine Stimme verändert hat. Da ist vieles in hohen Tonlagen gesungen, die ich heute altersbedingt gar nicht mehr erreichen könnte. Andererseits singe ich heute wiederum in tieferen Tonlagen besser. Das war auch schon in der Endphase von Marillion ein Problem. Ich wusste damals gar nicht, dass die Musiker ihre Instrumente einfach einen Halb- oder Ganzton tiefer stimmen können und sie dann wieder zu meiner Stimme passen. Was „Script“ angeht: Hätte ich damals einen Gesangscoach gehabt, hätte er mir geraten, ganz anders zu singen, denn wie ich damals gesungen habe, das macht dir auf Dauer die Stimme kaputt. Aber 1982/83 hat niemand von uns an so etwas gedacht. Ich war auch physisch ganz anders drauf in meinen 20ern. Das hat mit der Person und dem Sänger, der ich jetzt bin, nur noch bedingt etwas zu tun.

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