Wir treffen Mark Knopfler in London. Genauer gesagt im Ortsteil Chiswick, im Südwesten der englischen Metropole. Dort befinden sich die British Grove Studios. Besitzer: Mark Knopfler. Hier hat er auch seine jüngste Soloarbeit „Tracker“ aufgenommen. Über diese spricht der 65-jährige Brite, der in der Vergangenheit nicht immer ein dankbarer Interviewpartner war, ausführlich und mit wachsender Begeisterung. Und er ist so entspannt, dass er auch Fragen zu dem für ihn seit einem Vierteljahrhundert abgeschlossenen Themenkomplex Dire Straits freundlich und geduldig beantwortet.
eclipsed: Dein neues Album heißt „Tracker“. Das ist ein anderes Wort für Detektiv, oder?
Knopfler: Auch. „Tracker“ hat mehrere Bedeutungen für mich. Zum einen bin ich immer noch und immer wieder auf den Spuren neuer Kompositionen, die mich erfreuen und begeistern. Zum anderen geht es auch um den Begriff der Zeit. Die Zeit bleibt nicht stehen, schon gar nicht für mich. Ich werde älter, und ich spüre, dass die Zeit wertvoller wird.
eclipsed: Führt das dazu, dass du manche Dinge schneller machst, aus Angst, dass dir die Zeit wegrennt?
Knopfler: Nein, ich werde eher noch langsamer! Beim Denken, beim Songschreiben, beim Spielen. Auch meine Songs werden ja jetzt nicht plötzlich irre schnell.
eclipsed: „River Towns“ aber ist recht, na ja, flott.
Knopfler: Oh ja. „River Towns“ gehört zu meinen Lieblingssongs auf dem Album. Das Lied handelt von einem jungen Mann, der nicht weiß, bei wem er Weihnachten verbringen soll. Die Idee habe ich aus einer Kurzgeschichte von Breece D’J Pancake.
eclipsed: „Tracker“ startet mit dem Kneipensong „Laughs And Smokes And Drinks And Jokes“, in dem es vor keltischen Einflüssen wimmelt. Wie entscheidest du, welcher Song welches klangliche Kleid verpasst bekommt?
Mark Knopfler: Das ist eine sehr knifflige Sache. Und vielleicht gerade deshalb eine der Lieblingsbeschäftigungen meines Co-Produzenten Guy Fletcher und mir. Die Frage, welche Instrumente, welches Mikrofon, welches Mischpult du benutzt, ist für einen Song so wichtig wie die Frage der richtigen Schulwahl für deine Kinder.
eclipsed: Auf dem neuen Album schreibst du – beispielsweise in „Long Cool Girl“ – über eine neue Liebe. Dieses Thema kennt offenbar keine Altersgrenzen?
Knopfler: Nein, die Liebe bleibt immer ein faszinierendes Feld, ganz egal, ob mit 15 oder mit 65. Du schreibst allerdings anders darüber, wenn du 65 bist. Weiser. Die „Romeo and Juliet“-Phase ist vorbei.
eclipsed: Den Song über das berühmte Paar hast du 1980 mit den Dire Straits veröffentlicht.
Knopfler: Ich fand dieses Shakespeare-Drama immer in erster Linie lustig. Ich konnte das schon als Teenager nicht ernst nehmen. Ich weiß noch, wie mein Vater mir sagte, als ich zum ersten Mal Liebeskummer hatte: Junge, eines Tages wirst du darüber lachen. Und er hatte Recht.