Als Edgar Froese am 20. Januar 2015 verstarb, schien das Ende der in den Siebzigerjahren weltweit gefeierten Elektronikpioniere Tangerine Dream gekommen zu sein. Doch der Vater der Berliner Schule hatte vorgesorgt. Es war sein ausdrücklicher Wunsch, dass Tangerine Dream in der aktuellen Besetzung Thorsten Quaeschning/Ulrich Schnauss/Hoshiko Yamane die „Quantum Years“ vollenden sollten. Nach zwei Liveaufnahmen gibt es nun auch ein neues Studioalbum. Zu „Quantum Gate“ und der Zukunft der Elektronikinstitution geben Quaeschning, Schnauss (seit 2005 beziehungsweise 2014 mit dabei) und Froeses Witwe Bianca Froese-Acquaye Auskunft.
eclipsed: Die alles entscheidende Frage gleich vorweg: Erfüllt ihr nur den letzten Wunsch Froeses oder werden Tangerine Dream weiterbestehen?
Thorsten Quaeschning: Mit „Quantum Gate“ haben wir Skizzen von Edgar verwirklicht. Von denen haben wir noch sehr viel Material, das sich lohnt. Es liegt also genug vor, und es ist ja auch der direkte Auftrag von Edgar, TD weiterzuführen. Ein wenig hängt es natürlich davon ab, wie das Album angenommen wird, aber von uns aus geht es weiter.
eclipsed: Wer hat dabei das letzte Wort?
Quaeschning: Es ist eine gemeinsame demokratische Entscheidung von Bianca und der Band. Bei einem gemeinsamen Treffen mit Peter Baumann hat der gesagt, er könne sich vorstellen, dass TD mehr eine Idee als eine Band sei und deshalb auch hundert Jahre existieren könne. Vielleicht hat er ja recht.
eclipsed: An einem Punkt müssen die Vorstellungen von euch und dem ehemaligen Bandmitglied Baumann aber auseinandergegangen sein. Er war ja als Produzent des neuen Albums im Gespräch.
Quaeschning: Wir konnten uns nicht auf eine gemeinsame Ausrichtung einigen. Mir geht es darum, Edgars Visionen weiterzuverfolgen. Und wir drei, die jetzt TD sind, wollten nun auch nicht andere Leute da ranlassen.
eclipsed: In der Besetzung Quaeschning/Schnauss/Yamane und anfangs noch Froese hattet ihr die „Quantum Years“ gestartet. Wie kam es überhaupt dazu?
Quaeschning: Edgar wollte TD nach der „Phaedra Farewell Tour“ neu ausrichten und zu den Wurzeln zurückkehren. Sehr elektronisch und sequenzerbasiert mit aktuellem Sound, was wir nun auf „Quantum Gate“ verwirklicht haben.
eclipsed: Eure ersten Veröffentlichungen nach Froeses Tod waren der Livemitschnitt „Poland 2016“ und die Live/Studio-EP „Particles“. Mit der „Particles“-Neuinterpretation von „Rubycon“ und dem halbstündigen Jam „4.00PM Session“ seid ihr näher an den Tangerine Dream der späten Sechziger und frühen Siebziger, als es die Band die gesamten vergangenen drei Jahrzehnte über war.
Quaeschning: Diese Echtzeitkompositionen, wie ich sie nenne, am Ende der Konzerte funktionieren im TD-Kontext sehr gut und zeigen uns als improvisierende Musiker. Zwei dieser Mitschnitte sind jetzt als „The Sessions I“ erhältlich.
eclipsed: Entspringt dieses Konzept auch noch dem Willen Froeses?
Quaeschning: Zum einen war es schon die Idee von Edgar. In Melbourne hatten wir 2014 zweimal hintereinander den „Sorcerer“-Soundtrack parallel zum Film gespielt. Da waren die letzten fünfzehn Minuten mit Edgar rein improvisiert, denn der Film war noch nicht vorbei und wir mussten weiterspielen. (lacht) Von da hat sich das von uns aus weiterentwickelt.