In seinem Klassiker „When I’m Sixty-Four“ machte sich Paul McCartney 1967 bereits im zarten Alter von 25 Jahren Gedanken über das Älterwerden. Am 18. Juni feiert Macca seinen 80. Geburtstag. Das von ihm besungene Lebensjahr, das ihm damals so weit weg und steinalt erschien, liegt bereits seit 16 Jahren hinter ihm, und dennoch wirkt er noch immer wie ein stets neugieriger Jungspund, den es, auch wenn er sich seines Status als lebende Rocklegende bewusst ist, nach wie vor zu neuen Ufern drängt. eclipsed gratuliert dem ehemaligen Beatle mit einer Würdigung seiner großen Karriere, die auch die experimentelle Seite seines musikalischen Schaffens ins Blickfeld nimmt.
Als Paul McCartney 2007 sein Album „Memory Almost Full“ veröffentlichte, brachte er mit der Computermetapher im Titel zum Ausdruck, dass er nun (fast) alles erlebt habe, was einem in einem Leben wie dem seinen widerfahren kann, und sein Speicher nahezu voll sei. Entsprechend müde klang leider auch das Album, und Fans in aller Welt fürchteten schon, dass die kreativen Säfte des Ex-Beatle nun endgültig erschöpft waren. Dabei hatte er nur zwei Jahre zuvor, unterstützt von Nigel Godrich, mit „Chaos And Creation In The Backyard“ ein spätes Meisterwerk abgeliefert, das zu den besten Alben seiner Karriere zählt. Doch nun schien sich Macca auf die wohlverdiente Rente zuzubewegen. Wie man heute weiß, kam es glücklicherweise anders: Paul McCartney ist weiterhin einer der agilsten, kreativsten und auch visionärsten Künstler im Musikgeschäft, der zwar manchmal etwas zu starrköpfig ist – besagter Nigel Godrich kann ein Lied davon singen –, aber stets in alle Richtungen offen auf seinem Weg voranschreitet.
Unbändige Experimentierlust versus Pop-Appeal
Den Beweis dafür trat er zuletzt 2020 an: Als die Pandemie tobte, nutzte McCartney die Zeit, um wie so viele Musikerkollegen ein „Lockdown-Album“ aufzunehmen. Doch setze er diesem einen speziellen künstlerischen Rahmen, indem er die pandemiebedingten Einschränkungen als Herausforderung begriff, an seine anderen beiden im Alleingang eingespielten Alben „McCartney“ und „McCartney II“ aus den Jahren 1970 und 1980 anzuknüpfen. Das Ergebnis gilt als weiteres spätes Meisterwerk, dessen Stücke er – ganz der Visionär – ein Jahr später sogar noch einmal von jüngeren Künstlern neu interpretieren ließ.
Paul McCartneys künstlerischer Ansatz – das zeigt auch die Geschichte rund um „McCartney III“ – zeichnet sich dadurch aus, dass Innovation und Experimentierlust bei ihm (fast) immer im Rahmen popmusikalischer Konventionen stattfinden. Das heißt, dass es ihm oft um eine besondere Form oder Herangehensweise, um technische und kulturelle Herausforderungen geht (man denke im Hinblick auf Letztere etwa daran, dass der Wings-Klassiker „Band On The Run“ in Nigeria aufgenommen wurde), aber das Konzept des einfachen Popsongs trotzdem stets im Mittelpunkt steht. Dies zeigte sich bereits zu Beginn seiner Solokarriere nach dem Ende der Beatles, das mit seinem Ausstieg 1970 besiegelt war: Maccas Solodebüt war nach den opulenten Studiowerken der Fab Four wie „Sgt. Pepper’s Lonely Hearts Club Band“ oder „Abbey Road“, für die in erster Linie er verantwortlich zeichnete, zum Entsetzen von Publikum und Kritikern Fragment und Stückwerk. Abgesehen von „Maybe I’m Amazed“ war auf „McCartney“ praktisch kein zu Ende komponierter Song zu finden, womit der notorische Perfektionist seine eigene Arbeitsweise völlig konterkarierte ...