
Der Engländer Colin Orr befand sich Ende der 1960er-Jahre zum Studium der Agrarwissenschaft in Deutschland. Doch eigentlich wollte der damals gerade mal 20-Jährige professioneller Musiker werden. Deshalb gründete er 1971 in Krefeld zusammen mit vier Gleichaltrigen das Heavy-Progressive-Rock-Quintett Janus, das sich live rasch einen Namen in der Szene machte. Bald wurde die in Köln ansässige Plattenfirma EMI auf die Band aufmerksam. Da man kurz zuvor das progressive Sublabel „Harvest“ gegründet hatte, waren die „jungen Wilden“ hier absolut richtig: Man wurde sich 1972 handelseinig, und die Formation nahm als erste in den EMI-eigenen Studios das Debüt „Gravedigger“ auf.
Seit 2002 erzählt Claudio Sanchez eine musikalische Weltraum-Saga. Neun Alben hat er mit seiner Band Coheed And Cambria bereits veröffentlicht, jedes davon ist ein Kapitel dieser epischen Erzählung. Das wirkt erstmal überwältigend. Sanchez lacht. „Ich weiß, wie verwirrend das alles sein kann“, sagt der Sänger und Gitarrist. Die langen, ausufernden Songs, das Science-Fiction-Konzept. „In der Hinsicht ist mein künstlerischer Output so abstrakt wie der von Picasso.“ Im nächsten Moment winkt der New Yorker ab: Auf keinen Fall wolle er sich mit einem Genie wie Picasso vergleichen. Dabei besteht kein Grund zur Bescheidenheit. „Vaxis II: A Window Of The Waking Mind“, das 2022 erschien, war Coheed And Cambrias bisher größter kommerzieller Erfolg, die Single „Shoulders“ wurde zu einem Radio-Hit. Anfangs war Sanchez ratlos. Wie sollte er den dadurch entstandenen Erwartungen gerecht werden?
Was wäre die Heavy-Psychedelic/Doom/Stoner-Rock-Szene in Deutschland und Europa ohne Sound Of Liberation? Auf jeden Fall ein ganzes Stück kleiner. Die 2005 von Matte Vandeven, dem Bassisten der deutschen Stoner-Rocker My Sleeping Karma, gegründete Booking-Agentur betreut Bands der einschlägigen Szene, bucht für sie die Tourneen, ist Begründerin und Mitorganisatorin diverser Festivals und mittlerweile auch ein kleines Plattenlabel.
Ted Leonard, Dave Meros, Jimmy Keegan, John Boegehold – klingelt da was? Alle vier kann man mit der US-amerikanischen Progband Spock’s Beard in Verbindung bringen. Oder mit Pattern-Seeking Animals. Unter diesem originellen Namen (nach einem Zitat des Wissenschaftshistorikers Michael Shermer über menschliches Verhalten) musizieren die Genannten – die zu unterschiedlichen Zeiten bei den „Bärten“ wirkten – zusammen, und das schon seit vier Alben; das just erschienene „Friend Of All Creatures“ ist nun ihr fünftes. Mastermind und Multiinstrumentalist Boegehold stand Rede und Antwort. Im Interview lässt er uns wissen, wie die Band eigentlich entstand und was es mit dem aktuellen Label-Wechsel auf sich hat. Außerdem gibt er uns Einblicke in seinen Songwriting-Prozess und lässt ansonsten durchblicken, was ihm beim Komponieren und Texten wichtig und weniger wichtig ist.
Griechenland hat der progressiven Musik einige hochoriginäre Mosaiksteine geschenkt. Vor allem mit Aphrodite’s Child, die ihre weltmusikalischen Wurzeln mit psychedelischen Zutaten würzten und aus deren Schmiede der Elektronik-Pionier Vangelis kam. Seit 2015 sind Naxatras aus Thessaloniki am Start, die mit Fantasy-Albenhüllen und ebenso fantasievollem Stilmix beeindrucken. Auf dem schlicht „V“ betitelten fünften Studiowerk gehen Naxatras auf eine noch spacigere Reise. Basser und Sänger John Vagenas nimmt uns mit und illustriert die Hintergründe zum musikalischen Raumflug.
eclipsed: Das Albumcover von „V“ ist ein orientalisch/indisch anmutendes Raumschiff. Was ist die Idee dahinter?
Mastermind Ian Anderson überrascht in dritter Folge mit einem ambi-tionierten neuen Studioalbum unter dem legendären Banner Jethro Tull. Nach „The Zealot Gene“ (2022) über moderne Eiferer und Populisten und „RökFlöte“ (2023) über die nordische Götterwelt erscheint nun „Curious Ruminant“ – nachdenkliche, teils sehr persönliche Folkrocksongs, geschrieben aus der Position des reifen Lebensalters.
Auch ein siebzehnminütiger Longtrack ist dabei, der wieder die progressive Seite der Band betont. Überraschende Offenheit in gesundheitlichen, politischen und ökologischen Themen sowie bildreiche Hintergründe zu den Songs des neuen Albums prägen das Interview. Infos zum Artwork und den neuen Gitarristen Jack Clark sowie kuriose Anekdoten aus Andersons bewegtem Leben runden das launige Gespräch ab.
Auf seinem neuen Studioalbum „The Overview“ macht Steven Wilson das, was er eigentlich immer tut: Er erfindet sich neu. Und so ist denn sein achtes Solowerk auch anders als alles, was er zuvor eingespielt hat. Es vermischt Rock/Pop, Elektronik, Artrock und Ambient, besteht nur aus den beiden jeweils eine LP-Seite langen Tracks „Objects Outlive Us“ und „The Overview“ und trägt doch unverkennbar Wilsons Handschrift.
Es bellt auf beiden Seiten der Zoom-Verbindung. Doch alle Versuche des Interviewten und des Interviewers, den jeweils eigenen Hund vor die Kamera zu locken, schlagen fehlt. „Bowie sitzt meistens unterm Mischpult, wenn ich in meinem Studio arbeite“, erklärt Wilson. Nicht der David – den hat Wilson irgendwo im Hinterstübchen, wenn er arbeitet –, sondern gemeint ist Wilsons Vierbeiner. Da die tierische Konversation nicht zustande kommt, verlagert sich die Unterhaltung zu Wilsons neuem Studioalbum „The Overview“ – auch ein lohnendes Thema.